Frau Preusse, was macht Ihrer Meinung nach ein Zentrum heutzutage zu einem guten Zentrum?
Die Anforderungen an Geschäftsstraßen und Zentren sind, bedingt durch die Entwicklungen der letzten Jahre, vielfältiger denn je. Ein Zentrum muss attraktiv sein – nicht nur für Anwohnende, sondern auch für Gäste aus anderen Teilen der Stadt und der Welt. Entscheidend ist ein guter Nutzungsmix. Das bedeutet, dass die Menschen neben Geschäften oder Dienstleistungen wie zum Beispiel Supermärkten, Banken und Apotheken auch soziale und kulturelle Angebote vorfinden. Ein Zentrum sollte zudem gut erreichbar sein, insbesondere mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Darüber hinaus sollte es vielfältige Aufenthaltsmöglichkeiten bieten und klimaresilient gestaltet sein. Und: Ein Zentrum wird vor allem dann gerne aufgesucht, wenn es für die Menschen insgesamt ein Ort ist, zu dem sie eine Bindung aufbauen können.
Was unterscheidet die Karl-Marx-Straße von anderen Zentren?
Die Karl-Marx-Straße ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Sie ist nicht nur ein wichtiger Ort für Anwohnende und Gäste, sondern auch ein Ort im Wandel in innerstädtischer Lage. Darüber hinaus zeichnet sie sich durch eine hohe Angebotsvielfalt aus und übernimmt als Hauptzentrum eine Versorgungsfunktion für den Bezirk Neukölln und die angrenzenden Stadtbereiche. Charakteristisch ist die hohe Dichte an Einkaufsmöglichkeiten sowie Gesundheits- und Kultureinrichtungen, die allesamt gut zu erreichen sind. Einzelhandel, zahlreiche Dienstleistungs- und Gastronomiebetriebe prägen das Angebot. Überhaupt ist die Karl-Marx-Straße sehr gut in die umliegenden Kieze eingebunden, weshalb die Straße auch außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten belebt ist. Ein Ende der Bauarbeiten ist absehbar. Angebote wie das der Helene-Nathan-Bibliothek und des Heimathafens Neukölln oder der Neuköllner Oper tragen ebenfalls in hohem Maße zur Gesamtnutzung und -attraktivität der Straße bei. Auch das neue KALLE Neukölln – ein ehemaliges Kaufhaus, das derzeit zu neuem Leben erweckt wird und ein zeitgemäßes Nutzungskonzept erhält – kann mit seiner Kombination von Einzelhandel, Kultur, Büros und mehr zukünftig ein wichtiger Bezugspunkt für viele sein. Es zeigt sich also: In der Karl-Marx-Straße kommen die unterschiedlichsten Akteur*innen und Einrichtungen zusammen – und genau das macht das Zentrum so unverwechselbar.
Welche Rolle spielen Kunst und Kultur für den Standort?
Entlang der Karl-Marx-Straße gibt es zahlreiche Kunst- und Kultureinrichtungen, die mit ihren Angeboten und Aktionen im Stadtraum sichtbar sind. Damit unterscheidet sich der Standort deutlich von anderen Zentren in Berlin. Während in anderen Teilen der Stadt Gewerbeflächen für künstlerische und kulturelle Zwecke oft zeitlich befristet bespielt werden, sind sie hier dauerhaft angesiedelt. Erfreulich ist vor allem, dass sich Kunst- und Kulturschaffende mit Neukölln und der Wirkung des Globalen auf die Stadt auseinandersetzen – es findet also auf verschiedenen Ebenen ein Austausch mit dem Stadtraum und seinen Bewohnenden statt. Formate wie zum Beispiel 48 Stunden Neukölln unterstützen dies und tragen dazu bei, dass Kunst und Kultur immer mehr Einzug in den Alltag und öffentlichen Raum halten.