Die 15. Ausgabe des BROADWAY erzählt unter dem Titel „Blicke“ die Geschichten und Perspektiven einiger Menschen und Einrichtungen auf das Zentrum Karl-Marx-Straße. Sie zeigt, wie jene, die hier leben, wirken und arbeiten, die Straße tagtäglich mitgestalten und sie so zu einem lebendigen und einzigartigen Ort machen. Wir sprechen mit unterschiedlichen Akteur*innen, fangen die Sichtweisen von Kindern, Jugendlichen und Senior*innen ein und gewähren spannende Einblicke in die vielfältigen Lebensrealitäten entlang der Karl-Marx-Straße und in den angrenzenden Kiezen.

Stand Oktober 2024

Mehr als eine Einkaufsstraße

Das Rathaus Neukölln, direkt am Aufgang des gleichnamigen U-Bahnhofs gelegen, ist ein bedeutender Ankerpunkt in der Karl-Marx-Straße. Hier wird Neukölln verwaltet, es werden Entwicklungen beraten, gesteuert und entschieden. Ein idealer Ort also, um mit der Leiterin der Wirtschaftsförderung, Faye Preusse, über ihren Blick auf die Straße und die Entwicklung des Zentrums zu sprechen.

Angebote der Karl-Marx-Straße mit ihren Einzugsbereichen

Angebote der Karl-Marx-Straße mit ihren Einzugsbereichen

Frau Preusse, was macht Ihrer Meinung nach ein Zentrum heutzutage zu einem guten Zentrum?
Die Anforderungen an Geschäftsstraßen und Zentren sind, bedingt durch die Entwicklungen der letzten Jahre, vielfältiger denn je. Ein Zentrum muss attraktiv sein – nicht nur für Anwohnende, sondern auch für Gäste aus anderen Teilen der Stadt und der Welt. Entscheidend ist ein guter Nutzungsmix. Das bedeutet, dass die Menschen neben Geschäften oder Dienstleistungen wie zum Beispiel Supermärkten, Banken und Apotheken auch soziale und kulturelle Angebote vorfinden. Ein Zentrum sollte zudem gut erreichbar sein, insbesondere mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Darüber hinaus sollte es vielfältige Aufenthaltsmöglichkeiten bieten und klimaresilient gestaltet sein. Und: Ein Zentrum wird vor allem dann gerne aufgesucht, wenn es für die Menschen insgesamt ein Ort ist, zu dem sie eine Bindung aufbauen können.

Was unterscheidet die Karl-Marx-Straße von anderen Zentren?
Die Karl-Marx-Straße ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Sie ist nicht nur ein wichtiger Ort für Anwohnende und Gäste, sondern auch ein Ort im Wandel in innerstädtischer Lage. Darüber hinaus zeichnet sie sich durch eine hohe Angebotsvielfalt aus und übernimmt als Hauptzentrum eine Versorgungsfunktion für den Bezirk Neukölln und die angrenzenden Stadtbereiche. Charakteristisch ist die hohe Dichte an Einkaufsmöglichkeiten sowie Gesundheits- und Kultureinrichtungen, die allesamt gut zu erreichen sind. Einzelhandel, zahlreiche Dienstleistungs- und Gastronomiebetriebe prägen das Angebot. Überhaupt ist die Karl-Marx-Straße sehr gut in die umliegenden Kieze eingebunden, weshalb die Straße auch außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten belebt ist. Ein Ende der Bauarbeiten ist absehbar. Angebote wie das der Helene-Nathan-Bibliothek und des Heimathafens Neukölln oder der Neuköllner Oper tragen ebenfalls in hohem Maße zur Gesamtnutzung und -attraktivität der Straße bei. Auch das neue KALLE Neukölln – ein ehemaliges Kaufhaus, das derzeit zu neuem Leben erweckt wird und ein zeitgemäßes Nutzungskonzept erhält – kann mit seiner Kombination von Einzelhandel, Kultur, Büros und mehr zukünftig ein wichtiger Bezugspunkt für viele sein. Es zeigt sich also: In der Karl-Marx-Straße kommen die unterschiedlichsten Akteur*innen und Einrichtungen zusammen – und genau das macht das Zentrum so unverwechselbar.

Welche Rolle spielen Kunst und Kultur für den Standort?
Entlang der Karl-Marx-Straße gibt es zahlreiche Kunst- und Kultureinrichtungen, die mit ihren Angeboten und Aktionen im Stadtraum sichtbar sind. Damit unterscheidet sich der Standort deutlich von anderen Zentren in Berlin. Während in anderen Teilen der Stadt Gewerbeflächen für künstlerische und kulturelle Zwecke oft zeitlich befristet bespielt werden, sind sie hier dauerhaft angesiedelt. Erfreulich ist vor allem, dass sich Kunst- und Kulturschaffende mit Neukölln und der Wirkung des Globalen auf die Stadt auseinandersetzen – es findet also auf verschiedenen Ebenen ein Austausch mit dem Stadtraum und seinen Bewohnenden statt. Formate wie zum Beispiel 48 Stunden Neukölln unterstützen dies und tragen dazu bei, dass Kunst und Kultur immer mehr Einzug in den Alltag und öffentlichen Raum halten.

Nutzungsvielfalt

Nutzungsvielfalt in der Karl-Marx-Straße

Welche Perspektive sehen Sie für die Karl-Marx-Straße und wie kann die Wirtschaftsförderung hierauf Einfluss nehmen?
Die Karl-Marx-Straße wird immer beliebter und gewinnt als attraktives und lebendiges Zentrum auch innerhalb Berlins zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sollte aber immer darauf geachtet werden, dass die Karl-Marx-Straße auch in Zukunft von allen gerne aufgesucht wird und die Entwicklungen zentrenverträglich sind. Die Wirtschaftsförderung und die Stadtplanung unterstützen dies unter anderem im Rahmen des bezirklichen Zentren- und Einzelhandelskonzepts. Ebenso werden Investitionen und Umnutzungen im Bestand begleitet. Das Citymanagement der [Aktion! Karl-Marx-Straße] wiederum ist ein wichtiger Ansprechpartner direkt vor Ort. Ein wesentliches Ziel der Wirtschaftsförderung ist es außerdem, das Image des Zentrums langfristig zu stärken. Dazu gehört beispielsweise, Möglichkeiten für einzigartige Nutzungen zu schaffen. Dafür braucht es einen ganzheitlichen Blick.

Was wünschen Sie sich persönlich für die Karl-Marx-Straße? Wie soll diese in fünf Jahren aussehen?
In und um die Straße hat sich in den letzten Jahren viel getan. Besonders schön ist, dass die Entwicklungen von vielen Akteur*innen gemeinsam getragen werden. Auch wenn das Angebot im Zentrum bereits sehr vielfältig ist, so sehe ich in den Bereichen Mode und Lifestyle zusätzliches Potenzial. Darüber hinaus würde ich mich über weitere nachhaltige und gemeinwohlorientierte Angebote freuen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Karl-Marx-Straße als vielfältiger Ort wahrgenommen wird und nicht nur als ein Ort des Warenaustausches.

Interview: Christoph Lentwojt, raumscript