Reuterkiez wird Kiezblock
Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #10 – 2023, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand November 2023
Reuterkiez wird Kiezblock
Die Umsetzung des Verkehrskonzepts für den Reuterkiez beginnt
Im Reuterkiez, der in Teilen auch zum Sanierungsgebiet gehört, wird in diesen Wochen mit der Umsetzung erster Maßnahmen aus dem Verkehrskonzept Reuterkiez begonnen. Bestandteil ist, einen sogenannten Kiezblock zur nachhaltigen Verkehrsberuhigung im Reuterkiez einzurichten und damit den Durchgangsverkehr zu reduzieren.
K1 – Einbahnstraßenregelung auf der Hobrechtbrücke
K2 – Quersperre am Maybachufer zwischen Bürknerstraße und Friedelstraße
K3 – Einbahnstraße in der Sanderstraße
K4 – Diagonalsperre an der Kreuzung Pflügerstraße/Friedelstraße
K5 – Einbahnstraße in der Reuterstraße
K6 – Einbahnstraße in der Weserstraße zwischen Friedelstraße und Hobrechtstraße
K8 – Einbahnstraße in der Weserstraße zwischen Pannierstraße und Reuterstraße
K14 – Quersperre in der Hobrechtstraße
K15 – Quersperre in der Nansenstraße
Das Verkehrskonzept wurde mit einer breiten öffentlichen Beteiligung erarbeitet. Dabei wurden in zwei Werkstätten sowie bei einer Online-Beteiligung Erfahrungen, Hinweise und Ideen aus der Anwohnerschaft gesammelt. Darüber hinaus wurden im Juni 2022 die Ergebnisse präsentiert, das Konzept finalisiert und von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen.
Verkehrsführung Hobrechtbrücke
Die Maßnahmen sollen den Durchgangsverkehr von den Nebenstraßen zurück in die Hauptstraßen verlagern, unübersichtliche und gefährliche Stellen im Kiez entschärfen und die Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr sowie die Aufenthaltsqualität im Reuterkiez insgesamt verbessern. Verkehrslärm und Luftverschmutzung werden in der Folge zurückgehen. Jeder Ort im Kiez bleibt mit dem Auto erreichbar – aber nicht mehr auf jedem Weg. Auch wer im Kiez wohnt und auf ein Auto angewiesen ist, profitiert von der Verringerung des Durchgangsverkehrs. Das gilt ebenso für den Lieferverkehr. Es gibt weniger Stau und weniger brenzlige Situationen.
Der Kiezblock ist der erste Teil der Umsetzung des Verkehrskonzepts und beinhaltet vor allem verkehrslenkende Maßnahmen. Sie unterbrechen die Verkehrsströme zwischen Kreuzberg und Neukölln auf den Hauptrouten über die Hobrechtbrücke Richtung Sonnenallee sowie Bürknerstraße bzw. in umgekehrter Richtung. Dafür werden in einigen Straßen sogenannte Modale Filter eingebaut. Das sind Sperren, die die Durchfahrt nur für den Radverkehr ermöglichen. Hinzu kommen neue – teils gegenläufige – Einbahnstraßenregelungen. In die Planung der Maßnahmen wurden Polizei, Feuerwehr und Müllabfuhr einbezogen. Die zügige Erreichbarkeit des Kiezes durch Rettungsfahrzeuge bleibt erhalten.
Christopher Dathe
Aufgaben verändern sich
Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #10 – 2023, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand November 2023
Aufgaben verändern sich
Die Fortschreibung der Entwicklungsziele für das Sanierungsgebiet
Im Sanierungs- und Fördergebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee wird eine Vielzahl von Fördermaßnahmen umgesetzt, um die Entwicklungsziele zu erreichen. Die Grundlage für die Gebietsentwicklung und die städtebauliche Sanierung bildet hierbei das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK).
Die umgebaute Karl-Marx-Straße aus der Luft mit Blick in die „Passage“ (Nr. 131 / 133)
Darin wurden zu Beginn des Sanierungsverfahrens die Entwicklungsziele, Handlungsfelder und konkreten Fördermaßnahmen definiert. Das ISEK bildet somit zum einen die formale Voraussetzung für die Finanzierung aus dem Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren“, zum anderen definiert es die Sanierungsziele im Sinne des besonderen Städtebaurechts (BauGB § 136 ff). Dies bedeutet, dass z. B. im Gebiet nur Vorhaben eine sanierungsrechtliche Genehmigung erhalten können, die diesen Zielen nicht zuwiderlaufen oder ihre Erreichung erschweren. Zu den Entwicklungszielen im Gebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee gehören u. a. die Verbesserung des öffentlichen Raums, die Stärkung der Wohnfunktion, der Ausbau sozialer Einrichtungen sowie die Weiterentwicklung der Karl-Marx-Straße als Kultur-, Einkaufs- und Versorgungsstandort.
Das sich nun in Erarbeitung befindliche ISEK 2023 ist eine zweite Fortschreibung und Konkretisierung der mit der 12. Rechtsverordnung (RVO) im Jahr 2011 festgelegten Entwicklungsziele für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee. Es baut auf den Zielen und Ergänzungen aus der Fortschreibung 2017 auf und nimmt, dort wo erforderlich, Aktualisierungen bzw. Ergänzungen vor.
Ein Fokus der zweiten Fortschreibung liegt auf dem Bereich Klimafolgenanpassung und Energie. Insbesondere in diesen Themenfeldern gelten mittlerweile veränderte inhaltliche, gesetzliche und fördertechnische Rahmenbedingungen, die zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus rücken mit Blick auf das Ende des Förderzeitraums im Jahr 2028 Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung von städtebaulichen Zielen sowie zur Verstetigung erfolgreicher Beteiligungsstrukturen in den Vordergrund.
Querschnittsziel Klimaschutz und Klimaanpassung
Infolge der Klimaerwärmung werden zunehmend neue Anforderungen an den Städtebau und die Gestaltung der Stadträume gestellt. Die spürbar stärker werdenden klimatischen Herausforderungen im Stadtgebiet, vor allem in der Innenstadt, und neue gesetzliche Rahmenbedingungen für die klimaresiliente Gestaltung öffentlicher Räume haben auch Auswirkungen auf die Maßnahmen im Sanierungsgebiet.
In der Städtebauförderung werden daher seit 2020 der Klimaschutz und die Klimaanpassung als Querschnittsziele verfolgt. Dabei sollen Maßnahmen umgesetzt werden, die dazu dienen, die Aufheizung der Stadt und die Folgen von Extremwetterereignissen zu vermindern, aber auch die CO2-Emissionsbilanz der Gebäude und des örtlichen Verkehrs zu verbessern. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist insbesondere in einem dichten, umweltbelasteten Stadtgebiet wie dem Sanierungsgebiet wichtig. Es werden aber auch Nachteile im Sinne der Umweltgerechtigkeit gemindert. „Umweltgerechtigkeit“ beschreibt die unmittelbaren Einflüsse gesundheitsrelevanter Umweltbelastungen und den Zugang zu qualitativen Erholungsräumen und ist somit eng mit der Verbesserung sozialräumlicher Bedingungen verknüpft.
Konkret geht es im Förder- bzw. Sanierungsgebiet um die Qualifizierung und Schaffung zusätzlicher Grün- und Versickerungsflächen im Straßenraum. So soll eine Bewirtschaftung des Regenwassers vor Ort im Sinne des Leitziels der „Schwammstadt“ ermöglicht, die Mischkanalisation bei Starkregen entlastet und eine Hitzeminderung durch Verdunstungseffekte erzielt werden. Darüber hinaus sollen Konzepte für die Einsparung von CO2-Emissionen beim Neubau oder der Sanierung von Gebäuden und für die Umstellung auf eine CO2-mindernde Energieversorgung entwickelt und umgesetzt werden. Dies betrifft im laufenden Sanierungsverfahren in erster Linie öffentliche Gebäude und Einrichtungen, auf die die öffentliche Hand einen unmittelbaren Zugriff hat. Maßgeblich für diese Zielstellung sind die gesetzlichen Vorgaben entsprechend dem Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln), Gebäudeenergiegesetz (GEG), Mobilitätsgesetz Berlin (MobG BE) und der „Begrenzung von Regenwassereinleitungen bei Bauvorhaben in Berlin“ (BReWa-BE).
Die jetzt anstehenden Projekte, beispielsweise die Neugestaltung des Karl-Marx-Platzes, werden an die Vorgaben der rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst, sodass u. a. natürliche Versickerungen vor Ort in die Planungen einbezogen werden. Auch bei zukünftigen Straßenumbauten, wie der Elbestraße und Weichselstraße, werden die Anforderungen bzgl. der Klimaresilienz berücksichtigt.
Christoph Hoppenstedt
Am langen Ende der Sonnenallee
Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #10 – 2023, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand November 2023
Am langen Ende der Sonnenallee
Ein Blick in die Geschichte der Straße
Die Sonnenallee ist mit rund fünf Kilometern die längste Straße Neuköllns. Umso bemerkenswerter ist es, dass sie in historischen Quellen und Betrachtungen bisher verhältnismäßig wenig Spuren hinterlassen hat.
Überregional bekannt wurde die Sonnenallee 1999, als der gleichnamige Film von Leander Haußmann große Kinoerfolge feierte. Dieser bezog sich allerdings nur auf das etwa 400 Meter lange „kurze Ende der Sonnenallee“, das im damaligen geteilten Berlin im Ostteil und heute im Bezirk Treptow-Köpenick liegt. Das Sanierungsgebiet befindet sich ungefähr zwei Kilometer westlich von hier. Zwischen Inn- und Pannierstraße verläuft die Sonnenallee rund einen Kilometer durch das Sanierungsgebiet und stößt drei Querstraßen weiter auf den Hermannplatz.
Kaiser-Friedrich-Straße Ecke Hermannplatz um 1920
Von der Straße 84 zur repräsentativen Kaiser-Friedrich-Straße
Die Bebauung der Sonnenallee entwickelte sich vom Hermannplatz aus gesehen genau andersherum, und zwar von West nach Ost. 1880 begann der Bau auf den ehemaligen „Köllnischen Wiesen“. Diese Flächen, die sich bis zum Baumschulenweg ausdehnten, waren ursprünglich im Besitz der Stadt Berlin und wurden erst nach langwierigen Verhandlungen der damals noch selbstständigen Stadt Rixdorf überlassen. Obwohl sie sumpfig und im Winter meist überschwemmt waren (und vereist dann als Schlittschuhbahn dienten), sollte sich vor allem auf ihnen die weitere kommunale städtebauliche Entwicklung Neuköllns vollziehen. Die im ersten Bauabschnitt nur 300 Meter lange Straße der heutigen Sonnenallee hieß schmucklos „Straße 84“ und endete an der Reuterstraße. 1893 folgte die Umbenennung nach dem „99-Tage-Kaiser“ Friedrich III. Die Namensgebung deutete an, dass man mit der Straße bereits Größeres vorhatte. Die Wohnungsnot war akut und zwang auch Rixdorf zur Erschließung neuer Flächen.
Die Sonnenallee in den frühen 1960er Jahren
Wiesen und Gärten mussten vor allem ab 1890 nach und nach neuen befestigten Straßen und Gebäuden weichen. Grundsätzlich war es nicht einfach, die Bebauung durchzuführen: Die hohen Häuser mussten vor allem im Bereich Pannier- und Pflügerstraße aufgrund des sumpfigen Geländes auf Pfahlrosten errichtet werden. An der Sonnenallee wollte federführend der damals umtriebige Bürgermeister Hermann Boddin eine repräsentative Bebauung durchsetzen, um z. B. auch kleinere Beamte zum Umzug nach Rixdorf zu bewegen. So erhielten trotz höherer Kosten (der zusätzliche öffentliche Raum konnte nicht als Bauland verkauft werden) die Kaiser-Friedrich-Straße und deren Nebenstraßen wie z. B. die Elbestraße baumbestandene Mittelpromenaden und breitere Straßenquerschnitte als sonst in Rixdorf üblich. In der Folgezeit wurden zahlreiche Straßenbäume gepflanzt sowie Blumen- und Rasenflächen angelegt.
Ernst-Abbe-Gymnasium
Durch das enorme Stadtwachstum wurde in Rixdorf Ende des 19. Jahrhunderts eine neue weiterführende Schule benötigt. 1899 ging das heutige Gymnasium als „Höhere Lehranstalt für Knaben“ in Betrieb, wurde aber ebenso wie die Straße kurz darauf nach dem verstorbenen Kaiser in „Kaiser-Friedrich-Realgymnasium“ umbenannt. Die Architekten waren Hermann Weigand und Reinhold Kiehl. In den 1920er Jahren wurde die Schule unter dem Namen Karl-Marx-Schule zu einem bedeutenden Ort der Reformpädagogik, wo z. B. Arbeiter ein Abitur machen konnten. Alle diese Bestrebungen wurden im Nationalsozialismus wieder zunichte gemacht. 1956 erhielt die Schule ihren jetzigen Namen nach dem Sozialreformer Ernst Abbe.
Das Kaiser-Friedrich-Realgymnasium um 1910
Die Promenade der Sonnenallee war ein gern genutzter Ort. Ein Zeitzeuge schrieb: „Die Promenade mit ihrer doppelten Lindenreihe und dem sich von Linde zu Linde rankenden wilden Wein war eine Sensation, genau wie die doppelte Fahrbahn. Im Sommer waren fast alle Ruhebänke von der lufthungrigen Bevölkerung besetzt, und manches Mal diese Reihe durch die vielen Kinderwagen mit ihrem quietschenden, krächzenden und schreienden Inhalt unterbrochen: denn Rixdorf war kinderreich!“ (aus: Mitteilungsblatt des Neuköllner Heimatvereins Nr. 5, 1955).
Neue Nutzung für die Sonnenallee 47-49
In der Kaiser-Friedrich-Straße 227-228 befand sich seit 1897 die Metallwarenfabrik Goliasch. Schon 1910 änderte sich die bauliche Situation auf dem Grundstück. Ein Zeitzeuge erinnerte sich: „Wo früher Holzplätze für Tischlereien, Bauunternehmen usw. waren, reckten sich innerhalb weniger Jahre Wohnhäuser in die Höhe, die in ihrer Aufmachung dann unsere Bewunderung erregten, wie z. B. das Wohnhaus, das der Metallwarenfabrik Goliasch vorgebaut wurde, dafür aber der alte Gußeisenzaun weichen musste.“ Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Vorderhaus wurde 1959 zu Wohnzwecken wieder aufgebaut. Ab 1976 siedelten sich hier und im alten Fabrikgebäude nach und nach medizinische Versorgungs- und Pflegeeinrichtungen an. 2016 wurden alle Einrichtungen vom Diakoniewerk Simeon übernommen. Mittlerweile soll jedoch die Pflegeeinrichtung aufgegeben und das Gebäude verkauft werden, da für den Träger eine Sanierung als nicht mehr wirtschaftlich erscheint.
Soziale und politische Verwerfungen sowie viel Verkehr
1920 erhielt der südliche Teil der Straße außerhalb des S-Bahnrings den Namen Sonnenallee. Kurz dahinter befand sich das Arbeitsamt, das umgangssprachlich „Haus ohne Hoffnung“ hieß und in der schweren Wirtschaftskrise Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre einen düsteren Ruf innehatte. Die Verzweiflung der Menschen, die auf Unterstützung und Arbeit hofften, schlug sich hier besonders deutlich nieder und nationalsozialistische sowie kommunistische Agitation fanden in dieser Situation reichlich Zuspruch. 1938 wurde die gesamte Straße namentlich zusammengefasst und nach Hitlers Geburtsort in „Braunauer Straße“ umbenannt. Ab 1947 hieß die Straße über die sowjetische und amerikanische Besatzungszone hinweg schließlich Sonnenallee.
Polizeidirektion Sonnenallee 107
1899 zog die königlich-preußische Polizei mit knapp 200 Polizisten in Rixdorf ein und ersetzte die damals zunächst zuständigen 14 Landgendarmen, die mit der Vielzahl der Aufgaben in Rixdorf völlig überfordert gewesen waren. Schnell wurde ein neues Gebäude benötigt und man fand an der Sonnenallee / Ecke Wildenbruchstraße ein passendes Grundstück. 1901 war Baubeginn unter dem Baumeister Timmermann. Es entstand ein L-förmiger Bau im Renaissance-Stil mit einem prägenden seitlichen Türmchen. In dem denkmalgeschützten Gebäude befindet sich noch heute der Abschnitt 54 der Berliner Polizei, der für rund 97.000 Menschen im umliegenden Gebiet zuständig ist.
Die Polizeidirektion an der Sonnenallee um 1910
Seit 1902 verkehrten unterschiedliche Straßenbahnlinien direkt neben dem Mittelstreifen – aus heutiger Sicht idyllisch anmutend unter den Baumreihen der Kaiser-Friedrich-Straße. Ganz anders sah es nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ausbau der autogerechten Stadt aus: Die Straße bot kaum noch Grün und hatte sich zu einer stark befahrenen Verkehrsachse gewandelt. 1965 titelte die Berliner Morgenpost: „Sonnenallee muss entschärft werden.“ Keine andere Straße der Stadt hätte so viele Verkehrstote gefordert wie die Sonnenallee, hieß es in dem Artikel. Neue Ampeln wie an der Kreuzung Erk- und Wildenbruchstraße sollten die Situation verbessern. Drähte, die die Sträucher der Mittelpromenade von der Fahrbahn abgrenzten, wiederum wurden zur Stolperfalle: „Es ist mehrfach vorgekommen, dass Fußgänger – vor allem Kinder und Angetrunkene – die Straße an den nicht dafür gekennzeichneten Stellen überqueren wollten, über den Draht stolperten und auf die Fahrbahn fielen. Dabei wurden sie dann von Fahrzeugen erfasst“. Folgende Empfehlungen wurden damals ausgesprochen: Verengung der Promenade, Beseitigung der Stolperdrähte und Ausbau der beiden Fahrbahnen zu je einer Park- und zwei Fahrspuren. Die Straßenbahnlinien wurden seit den 1950er Jahren überall in West-Berlin und auch auf der Sonnenallee 1966 komplett eingestellt und durch Busse ersetzt.
Baulückenschließung in der Sonnenallee 90
Gegenüber der Mündung Elbestraße in die Sonnenallee befand sich seit 1908 ein Vorderhaus mit komfortablen und mit Bädern ausgestatteten Wohnungen. Mit einer Sondergenehmigung war der Holzgiebel „zur Belebung der Fassade und Erhöhung der Gesamtwirkung“ ebenfalls repräsentativ ausgestattet worden. Im gleichzeitig entstandenen Quergebäude hatten u. a. ein Tischlereibetrieb und eine Galvanische Anstalt ihren Sitz, aber auch Leuchtröhren und Papierrollen wurden produziert. Das Vorderhaus wurde im Krieg zerstört, das Quergebäude wird bis heute gewerblich genutzt. Derzeit entsteht an dieser Stelle ein sechsgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit ansprechender Straßenfassade.
Die eingeschossige Ladenzone wird durch den Neubau eines sechsgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses ersetzt
Seit den 1980er Jahren wurde immer wieder der Niedergang der Geschäftsstraße thematisiert und über Möglichkeiten der Aufwertung beraten. Viele Krisen später ist die Straße national wie international berühmt und als die „arabische Straße“ Berlins bekannt geworden. Nicht zuletzt durch die vielen Menschen, die nach 2015 aus dem arabischen Raum in die Hauptstadt gekommen sind, haben sich hier zahlreiche arabische Geschäfte sowie Gastronomiebetriebe angesiedelt und die Konjunktur der Straße belebt.
Stephanie Otto
Vorstudie Weichselstraße
Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #10 – 2023, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand November 2023
Vorstudie Weichselstraße
Drei Varianten für die Umgestaltung
Die Weichselstraße gehört zu den Straßen mit einem besonderen Erneuerungsbedarf im Sanierungsgebiet, da sie derzeit einen schlechten baulichen Zustand aufweist und weder die Anforderungen an Barrierefreiheit erfüllt, noch mit dem Rad gut befahrbar ist.
Die Weichselstraße im Kreuzungsbereich Donaustraße
Auf Grundlage einer 2022 erfolgten ersten groben Bestandsaufnahme und der Formulierung von Maßnahmezielen in Form eines so genannten Steckbriefs wurde im Frühjahr 2023 vom Bezirk Neukölln die Erstellung einer Vorstudie ausgeschrieben. Beauftragt wurde das Ingenieurbüro Ramboll mit Henning Larsen Landscape, dessen Aufgabe es war, anhand von drei Gestaltungsvarianten die Zielstellung und den Umfang möglicher Maßnahmen zur Umgestaltung der Weichselstraße zu prüfen. Die Weichselstraße soll dabei vor allem für den Fahrradverkehr attraktiv werden. Darüber hinaus sollen die Aufenthaltsqualität, die Verkehrssicherheit und die Barrierefreiheit verbessert werden. Zusätzlich ist die Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen vorgesehen.
Drei Gestaltungsprinzipien für die Straßenabschnitte der Weichselstraße
Die Vorstudie untersucht die Weichselstraße von der Karl-Marx- bis zur Pflügerstraße (570 m Länge, ca. 12.000 m2 Fläche). Der Abschnitt nördlich davon wurde bereits 2016 im Zuge der Umgestaltung des Weichselplatzes erneuert. Ebenso ausgenommen sind die Kreuzungsbereiche mit der Karl-Marx-, der Donau-, der Weser- und der Pflügerstraße (Weigandufer), die mit Städtebaufördermitteln in den letzten Jahren umgebaut worden sind. Der Kreuzungsbereich Sonnenallee ist als gesonderte Problematik ebenfalls nicht Bestandteil der Studie. Die untersuchten Varianten sind jeweils in die drei Abschnitte Nord (Pflüger- bis Weserstraße), Mitte (Weserstraße bis Sonnenallee) und Süd (Sonnenallee bis Karl-Marx-Straße) gegliedert. Allen drei Varianten gemeinsam ist, dass sich die Anzahl der Kfz-Stellplätze deutlich, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, reduziert. Der gewonnene Platz soll stattdessen für Regenwasserversickerungsflächen, Abstellflächen für Fahrräder und bauliche Maßnahmen zur Erhöhung der Barrierefreiheit und der sicheren Querung für den Fußverkehr genutzt werden. Der vorhandene Baumbestand bleibt vollständig erhalten und wird durch Neupflanzungen ergänzt. In allen Varianten wird die Fahrbahn im Kreuzungsbereich Ossastraße auf Gehwegniveau angehoben, um die Einfahrgeschwindigkeit in die Weichselstraße zu reduzieren.
Variante 1: Fahrradstraße
In dieser Variante wird die Einrichtung und Gestaltung einer durchgängigen Fahrradstraße untersucht, auf der für Anlieger-Kfz die Befahrung weiterhin gestattet ist. Diese Variante wird somit am besten der Tatsache gerecht, dass die Weichselstraße nördlich der Donaustraße eine Ergänzungsroute im Berliner Radverkehrsnetz ist. Vorgesehen ist u. a. der Einbau von Fahrbahnanhebungen mit fahrradfreundlichen Rampen – um zu verhindern, dass die zugelassene Höchstgeschwindigkeit überschritten wird. In bestimmten Bereichen der Straße dienen diese Fahrbahnanhebungen auch dazu, die Querungsmöglichkeiten für den Fußverkehr zu verbessern. Ein Teil der verbliebenen Kfz-Parkstreifen wird tagsüber als Ladezonen für den Lieferverkehr ausgewiesen. Beiderseits der Fahrbahn sieht das Konzept umfangreiche Grünstreifen vor, die als Regenwasserversickerungsflächen genutzt werden. In dieser Variante können besonders gut vorhandene Materialien, wie zum Beispiel das Großsteinpflaster, wiederverwendet werden.
Variante 2: Fahrradstraße und Fußgängerzone
Diese Variante sieht nur zwischen Pflügerstraße und Sonnenallee den Umbau zur Fahrradstraße wie in Variante 1 vor. Der südliche Bereich weiter bis zur Karl-Marx-Straße wird zur Fußgängerzone umgestaltet, die in Schrittgeschwindigkeit auch vom Radverkehr und zu ausgewiesenen Zeiten vom motorisierten Liefer- und Ladeverkehr sowie zu den Grundstücken befahren werden darf. Der Straßenraum kann bei diesem Gestaltungsprinzip vorwiegend für Aufenthaltszwecke und Grünflächen genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise mehr Sitzbänke oder auch Flächen für Gastronomie. Bestandsbäume und Neupflanzungen (Bäume und Stauden) würden in die Anlage neuer Versickerungsmulden für das Regenwasser integriert.
Variante 3: Fußgänger- und verkehrsberuhigte Zone
Diese Variante legt durchgängig ihren Schwerpunkt auf die Förderung des Fußverkehrs. Sie sieht einen Umbau der Weichselstraße zur Fußgängerzone wie in Variante 2 vor – jedoch über den südlichen Bereich hinaus bis zur Weserstraße, um auch im mittleren Straßenbereich mehr Grün- und Aufenthaltsflächen zu schaffen. Im nördlichen Bereich entsteht bis zum Weichselplatz ein verkehrsberuhigter Bereich. Dort ist der Kfz- und Fahrradverkehr in Schrittgeschwindigkeit weiterhin erlaubt, ebenso das Parken von Kfz in gekennzeichneten Bereichen. Die Nutzung der Straße als Quartiersraum für Spiel und Begegnung genießt jedoch Vorrang; für Kinderspiel sind z. B. dauerhafte Hüpfspielmarkierungen möglich. In dieser Variante ist somit die gesamte Weichselstraße für den Fahrradverkehr nur in Schrittgeschwindigkeit befahrbar.
Zu den Ergebnissen der Vorstudie findet aktuell ein öffentliches Beteiligungsverfahren statt, das bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen war. Im Anschluss daran werden die eingegangenen Hinweise vom Fachbereich Stadtplanung gemeinsam mit dem Straßen- und Grünflächenamt fachlich ausgewertet und abgewogen. Dies bildet die Grundlage für die Entscheidung über den Umfang und die abschließende Zielrichtung der Umbaumaßnahmen. Mit dem Fördermittelgeber, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, muss auf der Grundlage der vom Bezirk bevorzugten Konzeptalternative die Möglichkeit der Finanzierung durch die Städtebauförderung abgestimmt werden. Ist die Finanzierung gesichert, kann voraussichtlich 2025 die konkrete Entwurfsplanung beginnen. Deren Erarbeitung wird erneut mit einem öffentlichen Beteiligungsverfahren verbunden sein.
Die Ergebnisse der Vorstudie wurden auf einer öffentlichen Veranstaltung am 22. November 2023 präsentiert und zur Diskussion gestellt; bis zum 7. Dezember 2023 können Anregungen und Kritik auch digital über das Beteiligungsportal meinBerlin eingebracht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite des Sanierungsgebiets www.kms-sonne.de/projekte/weichselstrasse. Hier informieren wir Sie voraussichtlich ab Anfang 2024 auch über die Ergebnisse der fachlichen Abwägung der eingegangenen Hinweise.
Stephanie Otto, Alexander Tölle, Torsten Kasat
Grußwort
Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #10 – 2023, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand November 2023
Grußwort
Liebe Leser*innen,
mit dieser nunmehr 10. Ausgabe der Sanierungszeitung KARLSON informieren wir Sie wieder über aktuelle Sanierungsvorhaben und -planungen im Lebendigen Zentrum und Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee im Bezirk.
Einen besonderen inhaltlichen Schwerpunkt dieses KARLSON bilden die Themen Verkehr und Mobilität. Im Frühjahr 2023 hat der Bezirk zwei vorbereitende Studien für die Umgestaltung der Elbestraße und der Weichselstraße in Auftrag gegeben. Insbesondere der Fuß- und Radverkehr, Barrierefreiheit, öffentliches Grün und die Aufenthaltsqualität vor Ort sollen auf diese Weise verbessert werden. Ganz aktuell fanden dazu im November 2023 die öffentlichen Beteiligungsveranstaltungen statt, deren Ergebnisse nun in die fachliche Vorbereitung der konkreten Planungen einfließen werden. Ich freue mich über das rege Interesse aus der Anwohnerschaft, das Lebendige Zentrum und Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee zum Wohle aller mitzugestalten.
Diese eben genannten Sanierungsprojekte schließen konsequent an die Arbeit der letzten Jahre an: Radrouten werden komfortabler und zunehmend miteinander verknüpft, die Verkehrssicherheit – gerade für die schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen – verbessert und nicht zuletzt damit die Wohn- und Lebensqualität in den Quartiersstraßen gestärkt. Um das Zusammenspiel von verkehrsberuhigenden und -lenkenden Maßnahmen noch besser nachvollziehen zu können, wird in dem übergreifenden Artikel „Langsamer, leiser, verträglicher – Was beruhigt den Verkehr?“ ein Überblick über mögliche gestalterische und verkehrsrechtliche Eingriffe im Straßenraum gegeben. Dazu werden auch viele der bereits in diesem Sinne umgesetzten Maßnahmen im Sanierungsgebiet beschrieben.
Auch der historische Artikel zur Entwicklung der Sonnenallee streift das Thema Verkehr. So zeigt sich an der Sonnenallee, wie sich die ab Ende des 19. Jahrhunderts planmäßig angelegte Straßenachse zur Erschließung der neuen Stadterweiterungsgebiete in der damaligen Gemeinde Rixdorf immer weiter verlängerte.
Weitere Artikel befassen sich mit der Umsetzung des Verkehrskonzepts Reuterkiez sowie mit der in Arbeit befindlichen Fortschreibung der Sanierungsziele. Ein Fokus der Fortschreibung liegt dabei auf den Themenfeldern Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, da die Klimaerwärmung neue Anforderungen an die Gestaltung der Stadträume und damit auch an die Stadterneuerung stellt. Dementsprechend verfolgt auch die Städtebauförderung Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in den Quartieren als Querschnittsziel. Und damit schließt sich der Kreis zu den anfangs genannten Beteiligungsprojekten, denn die Verbesserung der Standortbedingungen für unsere Straßenbäume und die Schaffung zusätzlicher Grün- und Versickerungsflächen im Straßenraum ist eine weitere Hauptaufgabe bei den aktuellen Straßenplanungen für die Elbe- und Weichselstraße wie für andere künftige Umbauvorhaben.
Viel Freude beim Lesen und Entdecken!
Jochen Biedermann
Stadtrat für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr
Jochen Biedermann (© Susanne Tessa Müller)
Artikel
Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #10 – 2023, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand November 2023
Artikel
Planungen für die Elbestraße beginnen
Durch ihre Breite von 26 Metern und ihren Alleecharakter mit baumbestandener Mittelpromenade stellt die etwa 450 Meter lange Elbestraße eine Besonderheit im Sanierungsgebiet dar. Derzeit wird dieser eigentlich attraktive öffentliche Raum jedoch von parkenden Autos dominiert; zudem sind die Gehwege teilweise sehr eng und in beklagenswertem Zustand. Die Sanierung und Neugestaltung der Elbestraße ist daher bereits 2011 mit der Festlegung des Sanierungsgebietes als eines der Schlüsselprojekte im Teilgebiet Sonnenallee bestimmt worden.
Zugeparkte Mittelpromenade der Elbestraße
Nachdem zunächst andere Straßenräume wie das Weigandufer umgestaltet worden sind, beginnt jetzt der Planungsprozess für die Elbestraße. Im Herbst wird durch den Bezirk eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden, in der die Rahmenbedingungen für einen Umbau ermittelt und darauf aufbauend Varianten entwickelt und geprüft werden. Dies soll die Grundlage für einen umfangreichen Beteiligungsprozess werden, in den die Anwohnenden und Gewerbetreibenden, die Elbe-Schule, die breitere Öffentlichkeit, aber natürlich auch Fachämter und sonstige Träger öffentlicher Belange einbezogen werden. Im Ergebnis soll eine Vorzugsvariante bestimmt werden und als Basis für die künftige Gestaltung dienen.
Historische Ansicht der Elbestraße von der Sonnenallee aus gesehen
Den Rahmen der Beteiligung für die Umgestaltung der Elbestraße setzen drei grundsätzliche Zielstellungen: Erstens ist die Elbestraße 2021 auf Vorschlag des Bezirks von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz als eines von zwölf Modellprojekten in Berlin für die Förderung des Fußverkehrs ausgewählt worden. Dies ist mit zusätzlichen Anforderungen verbunden, die über die grundsätzlichen Sanierungsziele der Stärkung der Aufenthaltsqualität und Reduzierung der Flächen für den motorisierten Verkehr im öffentlichen Raum hinausgehen.
Elbestraßenfest des Fördervereins der Elbe-Grundschule e.V. und der Elterninitiative Elbe-Schule im Juni 2022
Zweitens stellt die Anpassung des Straßenraumes an den Klimawandel eine zunehmend wichtigere Aufgabe bei Straßenneu- und -umbauten dar. Umbaumaßnahmen sollen einen hitzeangepassten und wassersensiblen Stadtraum schaffen. Die Regelungen, die die Einleitung von Regenwasser in die Kanalisation begrenzen, haben Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei handelt es sich z. B. um zusätzliche Bodenentsiegelungen, damit Niederschlagswasser vor Ort versickert oder verdunstet. Darüber hinaus soll in der Machbarkeitsstudie geprüft werden, inwieweit weitergefasste modellhafte und zukunftsweisende Lösungen zur Treibhausgasminimierung, zur Temperatur- und Wasserregulierung und zur Stärkung der Biodiversität umgesetzt werden können, letzteres auch mit Ziel der Sicherung und Stärkung von Lebensräumen im Sinne des Artenschutzes.
Drittens sieht der aktueller Berliner Radverkehrsplan vor, die Radvorrangverbindung zwischen Treptow und Tempelhof über die Bouché- und Elbestraße zu führen. Damit ist nicht nur der perspektivische Bau einer Fuß- und Radverkehrsbrücke über den Neuköllner Schifffahrtskanal verbunden, sondern es werden auch bestimmte Ausbaustandards für den Radverkehr in der Elbestraße berücksichtigt (siehe rechte Seite), die zu dessen Stärkung und Steigerung im Nah- wie Fernbereich beitragen sollen. Die Vereinbarung dieser unterschiedlichen Zielstellung und Interessen wird sicher keine leichte und schnell lösbare Aufgabe sein. Die Planungen sollen bis 2024 beendet und anschließend baulich umgesetzt werden.
Alexander Tölle
Modellprojekt für den Fußverkehr
Das Land Berlin fördert mit dem 2018 beschlossenen und 2021 erweiterten Mobilitätsgesetz (MobG BE) auch die Attraktivität und Sicherheit des Fußverkehrs. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit, Schulwegsicherheit, Querung von Fahrbahnen oder Beleuchtung. Darüber hinaus sollen Stadträume geschaffen werden, in denen der Autoverkehr keine oder nur eine nachgeordnete Rolle spielt. Hierbei soll geprüft werden, inwieweit ein Stadtraum so umgestaltet werden kann, dass die Menschen sich hier begegnen, verweilen, erholen, spielen und miteinander ins Gespräch kommen können. Das Gesetz sieht in § 58 vor, in jedem Bezirk mindestens ein Modellprojekt durchzuführen, das einen solchen besonderen Stadtraum schafft. Diese insgesamt 12 Berliner Modellprojekte sollen bis 2024 umgesetzt oder zumindest fertig geplant sein. Dafür werden von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Mittel in Höhe von gut 29 Millionen Euro bereitgestellt.
Radverkehrsvorrangstraße
Auf Grundlage des Mobilitätsgesetzes wurde im November 2021 vom Land Berlin per Rechtsverordnung ein Radverkehrsplan beschlossen. Darin werden die Ziele und Standards konkretisiert, mit denen der Anteil des Radverkehrs deutlich gesteigert sowie die objektive und subjektive Sicherheit und Zufriedenheit der Radfahrenden erhöht werden soll. Das Kernelement ist dabei ein Radverkehrsnetz, das die im Alltag zu erreichenden wichtigen Ziele erschließt. Die Grundstruktur bildet ein Netz von Radvorrangstraßen mit einer Länge von rund 850 Kilometern; dazu kommt ein Ergänzungsnetz mit einer Länge von rund 1.550 Kilometern. Die Vorrangstraßen verbinden die Zentren der Stadt und sind durch hohe Qualitätsstandards gekennzeichnet: z. B. durch eine Mindestbreite von 2,50 Meter pro Richtung (bzw. 4 Meter im Zweirichtungsverkehr), den Schutz vor Störungen durch Kraftfahrzeuge, die verkehrsrechtliche Vorfahrt an Knotenpunkten, keine Behinderung durch Streckenhindernisse wie z. B. Umlaufsperren und eine durchgängig sichere Befahrbarkeit mit bis zu 25 Kilometern pro Stunde. Das Radverkehrsnetz soll bis 2030 baulich umgesetzt und beschildert werden.
Karlson 10
Der KARLSON #10 – 2023, die Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee, berichtet wieder umfassend über aktuelle Vorhaben und Projekte im Sanierungsgebiet. Schwerpunkt der neuen Ausgabe sind die Themen Verkehr und Mobilität, denn die meisten Umbauprojekte im Gebiet betreffen derzeit den öffentlichen Straßenraum. Damit verbunden sind gleichzeitig Themen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung. Ganz aktuell werden mit einer Machbarkeitsstudie bzw. Vorstudie die Planungen für den Umbau der Elbe- und Weichselstraße vorbereitet. Der historische Blick richtet sich in diesem Jahr auf die Geschichte der Sonnenallee. Weitere Artikel befassen sich unter anderem mit der Fortschreibung der Sanierungsziele oder dem Kiezblock Reuterkiez. Nachfolgend können Sie sich die einzelnen Artikel ansehen und herunterladen.
Stand November 2023
Langsamer, leiser, verträglicher
Was beruhigt den Verkehr? Die Wohn- und Lebensqualität in Stadtteilen und Kiezen hängt eng mit dem dort vorhandenen Verkehr zusammen. Der öffentliche Raum, der Straßen und Plätze einschließt, ist begrenzt. Weiterlesen…
Grußwort
Mit dieser nunmehr 10. Ausgabe der Sanierungszeitung KARLSON informieren wir Sie wieder über aktuelle Sanierungsvorhaben und -planungen im Lebendigen Zentrum und Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee im Bezirk. Weiterlesen…
Vorstudie Weichselstraße
Die Weichselstraße gehört zu den Straßen mit einem besonderen Erneuerungsbedarf im Sanierungsgebiet, da sie derzeit einen schlechten baulichen Zustand aufweist und weder die Anforderungen an Barrierefreiheit erfüllt, noch mit dem Rad gut befahrbar ist. Weiterlesen…
Am langen Ende der Sonnenallee
Die Sonnenallee ist mit rund fünf Kilometern die längste Straße Neuköllns. Umso bemerkenswerter ist es, dass sie in historischen Quellen und Betrachtungen bisher verhältnismäßig wenig Spuren hinterlassen hat. Weiterlesen…
Aufgaben verändern sich
Im Sanierungs- und Fördergebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee wird eine Vielzahl von Fördermaßnahmen umgesetzt, um die Entwicklungsziele zu erreichen. Weiterlesen…
Machbarkeitsstudie zur Umgestaltung der Elbestraße
Zur Vorbereitung der geplanten Umgestaltung der Elbestraße wurde im Mai 2023 vom Bezirk Neukölln die Erstellung einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Ziel ist es zu untersuchen, wie die Elbestraße zu einem besonders für den Fuß- und Radverkehr attraktiven und klimaangepassten Stadtraum umgestaltet werden kann. Weiterlesen…
Reuterkiez wird Kiezblock
Im Reuterkiez, der in Teilen auch zum Sanierungsgebiet gehört, wird in diesen Wochen mit der Umsetzung erster Maßnahmen aus dem Verkehrskonzept Reuterkiez begonnen. Bestandteil ist, einen sogenannten Kiezblock zur nachhaltigen Verkehrsberuhigung im Reuterkiez einzurichten und damit den Durchgangsverkehr zu reduzieren. Weiterlesen…
Umbau Weserstraße: Der zweite Bauabschnitt
Ende Juli 2023 begannen die Bauarbeiten im zweiten Bauabschnitt zur fahrradgerechten Umgestaltung der Weserstraße. Der zweite Bauabschnitt zwischen Inn- und Fuldastraße schließt an den bereits fertiggestellten Abschnitt zwischen Pannier- und Fuldastraße an. Weiterlesen…
Planungsstand Tramlinie M10
Mit dem Ausbau der M10 treibt die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) die Mobilitätswende in Berlin voran. Weiterlesen…
Neue Lenkungsgruppe gewählt
Am 11. Oktober 2023 wurde die Lenkungsgruppe der [Aktion! Karl-Marx-Straße] im Rahmen der Veranstaltung des Zentrumsdialogs neu gewählt. Alle Interessierten waren herzlich eingeladen, sich erstmalig oder erneut zur Wahl zu stellen. Weiterlesen…
Zentrumsdialog der [Aktion! Karl-Marx-Straße]
Unter dem Thema „Fokus Öffentlicher Raum“ fand am 11. Oktober 2023 in den Räumlichkeiten des Deutschen Chorzentrums der Zentrumsdialog der [Aktion! Karl-Marx-Straße] statt, der wieder viele interessierte Menschen und Sichtweisen zusammenführte. Weiterlesen…
Gemeinsam singen!
Die 14. Ausgabe des BROADWAY steht unter dem Titel „Was wir können“. Die Beiträge zeigen exemplarisch, wie lebendige Angebote auch entgegen der aktuellen Krisen durch gemeinsames Wirken entstehen und erhalten werden können. Wir sprechen mit Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden und sozial Engagierten entlang der Karl-Marx-Straße, widmen uns dem Thema der Müllvermeidung, geben einen Einblick in die gemeinwohlorientierte Gesundheitsversorgung und zeigen, wie sich ein inklusives Zusammenleben im Zentrum gestalten und von Vielfalt bereichern lässt.
Stand Juli 2023
Gemeinsam singen!
Seit Sommer 2021 befindet sich mit dem Deutschen Chorzentrum die erste Adresse für die vokale Musik an der Karl-Marx-Straße 145. Ein guter Grund für einen Besuch vor Ort und ein Gespräch über die Förderung des Chorgesangs mit Veronika Petzold, der Geschäftsführerin des Deutschen Chorverbands.
Die Carusos – Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher sowie Grundschullehrkräfte im Deutschen Chorzentrum (Foto: Rüdiger Schestag)
Die Wurzeln des Deutschen Chorverbands reichen gut 150 Jahre zurück. Mittlerweile vertritt er vom Standort Neukölln aus rund 13.000 Chöre mit 750.000 Mitgliedern. Unter dem gemeinsamen Dach des Deutschen Chorzentrums in der Karl-Marx-Straße finden sich zudem die Deutsche Chorjugend, der Chorverband Berlin und der Landesmusikrat Berlin. Wichtiger Bestandteil ist zudem eine musikalische Kita mit 70 Plätzen.
Frau Petzold, wen vertritt der Deutsche Chorverband?
Der Deutsche Chorverband vereint die Mehrzahl der weltlichen Chöre in Deutschland. Diese spiegeln in den unterschiedlichen Zusammensetzungen und Stilrichtungen einen bunten Querschnitt durch die Gesellschaft. Unter das Dach des Chorverbands gliedern sich 20 Landes- und Fachverbände. Aufgabe des Dachverbands ist vor allem die kulturpolitische Arbeit. In unmittelbarem Kontakt mit den Chören stehen eher die Landeschorverbände, die die Chöre organisatorisch und finanziell unterstützen.
Welche Aktivitäten gehen vom Deutschen Chorzentrum in Neukölln aus?
Viele stellen sich unter dem Deutschen Chorzentrum vor, dass hier viele Chöre üben oder zusammenkommen. Dies führt ein wenig in die Irre. Es finden hier vorrangig Fortbildungsveranstaltungen statt, vor allem zum Thema Singen mit Kindern. So hat der Verband mit den „Carusos“ eine bundesweite Initiative zum kindgerechten Singen ins Leben gerufen. Zudem erfolgt eine regelmäßige Zusammenarbeit mit Pädagoginnen und Pädagogen. Im Haus sind auch die „Vokalhelden“ angesiedelt. Dieses Projekt vereint Berliner Kinder- und Jugendchöre, die von den Berliner Philharmonikern gegründet wurden.
Das Bestandsgebäude wurde saniert, umgestaltet und durch eine Aufstockung auf dem Seitenflügel sowie durch den Dachausbau im Vorderhaus ergänzt (Foto: Jelena Maywald)
Warum hat sich der Deutsche Chorverband für die Karl-Marx-Straße als Standort für das neue Chorzentrum entschieden?
Wichtig war für uns immer die räumliche Nähe zur bundesdeutschen Politik. Deshalb sind wir als Verband 2008 nach dem Regierungsumzug von Köln nach Berlin gezogen und sind hier auf die Suche nach einer geeigneten Immobilie gegangen. Wir haben insgesamt 21 Standorte begutachtet und dabei unsere Bedürfnisse geordnet. Seit 2015 haben wir den Blick nach Neukölln gerichtet. Gründe hierfür waren unter anderem die vorhandene vielfältige und gleichzeitig bodenständige Kulturszene. Es gab in Neukölln seit den 1980er Jahren viele kulturpolitisch muntere Menschen, die für die heutige Entwicklung die Weichen gestellt haben und die dem kulturellen Standort Karl-Marx-Straße bis heute ein besonderes Gesicht geben.
Das Chorzentrum ist kein eigener Veranstaltungsort, sondern nutzt die Nähe zu den vielen weiteren Kulturstandorten hier. Wir sind zum Beispiel im engen Austausch mit dem Heimathafen nebenan, zu dem sich über das große Tor im Hof schnell eine räumliche Verbindung herstellen lässt.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei Ihrer Arbeit?
Das Singen in einem Chor steht in großer Konkurrenz zu anderen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Wir wollen das Singen wieder zu den Menschen bringen. Viele haben sich in den letzten Jahrzehnten mit nachhaltiger Wirkung vom Singen abgewendet. So manch einem ist das Singen peinlich geworden. Das wollen wir ändern. Deshalb ist auch die Musikpädagogik ein Schwerpunkt in unserem politischen Engagement. Zudem müssen wir uns gezielt um die Seniorinnen und Senioren kümmern. Chorsingen hilft gegen Einsamkeit und hält physisch und psychisch fit.
Was hat sich in ihrer Arbeit verändert, seitdem sie hier an der Karl-Marx-Straße sind?
Die räumliche Nähe der im Chorzentrum ansässigen Nutzerinnen und Nutzer führt zu Synergien, die man an getrennten Standorten nicht erreichen würde. Wir können darüber hinaus in unseren neuen Räumen Gäste empfangen, die gar nichts mit Musik zu tun haben und uns ihrerseits inspirieren. Damit werden auch neue Kontakte zu wichtigen Zielgruppen geknüpft.
Der Neubau und die Pandemie haben unsere technischen und digitalen Möglichkeiten sehr erweitert. Dies ermöglicht ein anderes Arbeiten und hat vielfach zur Verbesserung der Kommunikation beigetragen. Jedoch kann auch die intelligenteste Technik nur organisatorisch unterstützen und hilft sonst beim Singen nicht viel. Singen ist analog, emotional und höchst individuell. Es stärkt die sozialen Beziehungen und ist als Form der Gemeinschaftsbildung ein hohes Gut, das wir von hier aus auf vielen Wegen unterstützen.
Interview: Stephanie Otto, raumscript
Sehnsucht Sprengkraft
Die 14. Ausgabe des BROADWAY steht unter dem Titel „Was wir können“. Die Beiträge zeigen exemplarisch, wie lebendige Angebote auch entgegen der aktuellen Krisen durch gemeinsames Wirken entstehen und erhalten werden können. Wir sprechen mit Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden und sozial Engagierten entlang der Karl-Marx-Straße, widmen uns dem Thema der Müllvermeidung, geben einen Einblick in die gemeinwohlorientierte Gesundheitsversorgung und zeigen, wie sich ein inklusives Zusammenleben im Zentrum gestalten und von Vielfalt bereichern lässt.
Stand Juli 2023
Sehnsucht Sprengkraft
Der Heimathafen Neukölln versteht sich als eine Bühne für Neukölln. Die neue Initiative Welt Kultur Kiez Neukölln soll ein Netzwerk für Orte und Ideen werden.
Straßenszene Neukölln (Foto: Maryam Hojjati und John Kolya Reichart)
Immer wenn man denkt, man hat es verstanden, ist dieses Neukölln schon längst wieder weiter, mindestens zwei Schritte: Dieser Kiez versucht ständig, einen abzuhängen. Also gibt es nur eins: man muss dranbleiben. Und dann, ja dann beschenkt einen Neukölln, immer neu – und fast immer unerwartet.
Der Heimathafen Neukölln im historischen Rixdorfer Ballsaal hat dieses Gefühl zum Motto seiner Spielstätte gemacht. Die Stücke greifen aktuelle politische Themen auf, wie zum Beispiel Die Klima-Monologe oder Invisible Game. Die Theaterentwicklung stellt sich aber immer auch der Frage, wo stehen wir, hier in Neukölln: In der Produktion Madre® zum Beispiel wird eine Mutter-Tochter-Beziehung ausgelotet und in Furios! geht es um die ganz persönlichen Erfahrungen der Darstellenden, und zwar mit ihrer Wut.
FURIOS! ist eine wütende Show mit fünf Göttinnen, Band und Seminarleiter (Foto: Verena Eidel)
Aber neben den Geschichten, die erzählt werden und dem Neukölln-Tag, an dem alle Neuköllnerinnen und Neuköllner für 8 Euro die immer wechselnden Veranstaltungen besuchen können, will der Heimathafen auch Bühne sein für Akteurinnen und Akteure aus dem Kiez. Er ist zu einem Ort geworden, an welchem neue Formate entwickelt wurden. So wie die Kiez-Debatte: hier wurden bereits mit lokalen Initiativen, Expertinnen und Experten und dem Publikum aktuelle Themen wie die Wohnraumkrise, der Ausbau der A100 und der rechte Terror in Neukölln diskutiert. Und ab Herbst 2023 übernehmen Neuköllnerinnen und Neuköllner auch die Bühne selbst: Mit dem Neuköllner Ensemble wird dann eine dauerhafte Bürgerbühne am Heimathafen Neukölln eröffnet. Es geht darum, Formen und Mittel zu finden, um den Themen Ausdruck zu verleihen, die einen selbst bewegen. Mit Nachdruck natürlich, versteht sich.
Die Themen und Formate haben Neuköllnbezug – aber eine Sparte macht das ganz besonders deutlich: Der Jugendclub. Bei den Active Player NK kann jede*r Jugendliche aus Neukölln mitmachen und ein Stück mitentwickeln, und zwar ohne Anleitung und Führung. Die Jugendlichen bestimmen selbst das Thema, entwickeln eine Geschichte und führen Regie, und wechseln sich dabei ab. Heraus kommen Theaterabende, die mit beeindruckender Intensität ihren Blick auf die Welt zeigen.
Bei den Sing dela Sing-Abenden singen regelmäßig alle mit – all night long (Foto: Verena Eidel)
Kiezansichten
Das Neuköllner Theater übergibt die visuelle Gestaltung regelmäßig an Künstlerinnen und Künstler aus dem Bezirk und leiht sich von ihnen ihre Sprengkraft. Diese Kooperationen machen unterschiedliche Blicke auf den Kiez sichtbar und lassen die Stimmungen im Drumherum spürbar werden. In der aktuellen Spielzeit hat der Heimathafen gemeinsam mit der Künstlerin Hanna Mattes das Spielzeitmotto Sehnsucht Sprengkraft ausgerufen. Darunter versammelt er den Wunsch nach Befreiung, einer endgültigen Zerstörung von alten Mustern und zugeschriebenen Rollen – und eine Öffnung von Räumen, unter anderem Diskussionsräumen. „Wir wollen es weiterhin tun: Glauben wir an die beste aller Welten! Packen wir es an! Wir werden es gemacht haben können!“
Es geht genau wie im theatereigenen Podcast Butter bei die Fische, in welchem Menschen aus Neukölln zur Sprache kommen, vor allem darum, die Entdeckungen im Kiez zu teilen. Und neugierig zu bleiben für alles, was einem begegnet. Und das kann man schließlich üben. Und so soll auch das neu initiierte Netzwerk Welt Kultur Kiez Neukölln immer weiter wachsen. Alle Teilnehmenden sollen sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam auf Entdeckungstour gehen. Weltkulturerbe, das sind Orte, die vor Veränderung beschützt werden, die erhalten werden müssen – Weltkulturkiez hingegen ist ständig in Bewegung. Das Netzwerk möchte also die verschiedenen Blickwinkel und Stoßrichtungen teilen und zusammenführen und dabei ganz neue Kooperationen fördern. Mit dabei sind Kultureinrichtungen wie die Neuköllner Oper oder das SchwuZ, aber auch Restaurants wie das Café Botanico und das Vorwerck, sowie Galerien und viele andere Orte.
Neukölln ist eine eigene kleine Welt, aber auch eine Welt im Kleinen – kurz, es könnte keinen besseren Platz geben für einen Ort, der Geschichten erzählen will. Bühne frei für Neukölln! Denn wir sind ja alle nur ein Teil von dit Janze!
Lucia Jay von Seldeneck, Heimathafen Neukölln
Wir stellen vor
Die 14. Ausgabe des BROADWAY steht unter dem Titel „Was wir können“. Die Beiträge zeigen exemplarisch, wie lebendige Angebote auch entgegen der aktuellen Krisen durch gemeinsames Wirken entstehen und erhalten werden können. Wir sprechen mit Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden und sozial Engagierten entlang der Karl-Marx-Straße, widmen uns dem Thema der Müllvermeidung, geben einen Einblick in die gemeinwohlorientierte Gesundheitsversorgung und zeigen, wie sich ein inklusives Zusammenleben im Zentrum gestalten und von Vielfalt bereichern lässt.
Stand Juli 2023
Wir stellen vor
Die Mischung macht’s. Das große Potenzial der Karl-Marx-Straße und ihrer Seitenstraßen sind viele individuelle Geschäfte, die hier mit ihren überraschenden Angeboten die bunten Interessen der Menschen ansprechen. Zu dem vielseitigen Bild gehören auch Vereine und Bildungseinrichtungen wie der Lesen und Schreiben e. V., die sich zum Teil schon lange vor Ort befinden und hier in gut erreichbarer Lage für ihre Zielgruppen da sein können.
Lesen und Schreiben e.V.
Herrnhuter Weg 16
12043 Neukölln
www.lesen-schreiben.com
Der Verein unterstützt Menschen, die besser lesen, schreiben und rechnen lernen wollen (Foto: Lesen und Schreiben e. V.)
Stellen Sie sich vor, Sie können nicht lesen, schreiben oder rechnen. Was würde dies in Ihrem Alltag für Sie bedeuten? Seit 2011 ist offiziell bekannt, dass über sechs Millionen erwachsene Menschen in Deutschland nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben können. Der Verein Lesen und Schreiben e. V. arbeitet mittlerweile seit 40 Jahren täglich daran, dies zu ändern.
Berlinweit unterstützt das Team, das nicht zuletzt eine sozialpädagogische Begleitung und engagierte Ehrenamtliche einschließt, Menschen auf deren Alphabetisierungsweg. Es geht im Wesentlichen um das Erlernen von grundlegenden Fähigkeiten wie das Schreiben, aber nicht nur. Mit der integralen Grundbildung für Erwachsene „lernen die Menschen, an sich selber und an das eigene Können zu glauben. Und sie erfahren auch Respekt“, beschreibt Maike Timmermann, Mitarbeiterin beim Verein, den Lernprozess. Diese Grundbildung beinhaltet unter anderem Themen wie Finanzen, den Umgang mit dem Computer und Internet, Biologie, Familie sowie politische Bildung. Je nach Niveau und Bedarf lernen die Menschen in eigenem Tempo in verschiedenen Gruppen, Vollzeit, berufsbegleitend in Abendkursen oder aber sie werden an andere Einrichtungen weitergeleitet. Der Verein kooperiert mit anderen Institutionen im Bereich Alphabetisierung, wie z. B. dem Grund-Bildungs-Zentrum Berlin, dem Arbeitskreis Orientierungs- und Bildungshilfe Berlin, mit den verschiedenen Alpha-Bündnissen und mit den bezirklichen Volkshochschulen.
Wenn Sie jemanden kennen, der oder die Schwierigkeiten mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen hat, weisen Sie gerne auf den Verein und seine Angebote hin. Auch Ehrenamtliche sind zur Unterstützung der Arbeit jederzeit herzlich willkommen.
Tania Salas, raumscript
Kulchabox
Donaustraße 39
12043 Neukölln
www.thekulchaboxstore.com
Die KULCHABOX verbindet den Verkauf mit der Produktion in einer gläsernen Manufaktur (Foto: Susanne Tessa Müller)
Unsere Uromas und Omas wussten es bereits: fermentierte Lebensmittel sind nicht nur praktisch, sondern auch gesundheitsfördernd. Seit August 2022 werden im Neuköllner Zentrum klassisch fermentierte Produkte hergestellt, ergänzt um eine traditionell asiatische Note. Und es wird auch viel Neues ausprobiert. Auf der Suche nach einer passenden Produktionsstätte und einem Verkaufsladen im Kiez haben Julian Ronnefeldt und Anja Thonig die Räumlichkeiten in der Donaustraße gefunden.
Die KULCHABOX bietet ein vielfältiges Sortiment, das für jeden Geschmack etwas zu bieten hat. MAGUCHA ist das Highlight des Ladens. Es handelt sich dabei um das traditionelle Getränk Kombucha, „ein fermentiertes prickelndes Teegetränk, welches durch erlesene Zutaten, Kräuter, zahlreiche Nährstoffe und durch den besonderen Herstellungsprozess besticht.“ MAGUCHA wird weder erhitzt noch pasteurisiert, ist sehr lecker und reich an Vitaminen, Prebiotika und Nährstoffen. Darüber hinaus findet vor Ort in der kleinen Manufaktur unter anderem die Herstellung von „Krauts“ (fermentiertem Gemüse), schwarzem Knoblauch, verschiedenen sogenannten Superfoods und Veggie Shots statt. Kundinnen und Kunden können die Produktion durch die große Glaswand beobachten – interessierte Blicke sind willkommen!
Zusätzlich werden im Laden aktuell auch einzigartige Waren angeboten, die zu 100% aus Berliner Produktion stammen. Ein Besuch lohnt sich!
Tania Salas, raumscript
Kollektiv Bioase
Karl-Marx-Straße 162
12043 Neukölln
www.bioase.berlin
Der unabhängige Bioladen wurde mit neuen Ideen von einem Kollektiv übernommen (Foto: Ashley DuPree)
Aus der Bioase44, dem ersten Bioladen in Rixdorf, wurde das neue Kollektiv Bioase. Ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Stammkundinnen und Stammkunden sowie weitere Personen, die sich mit der Bioase44 unterschiedlich verbunden fühlten, schlossen sich zusammen und führen seit Ende 2022 den Laden in der Karl-Marx-Straße 162 unabhängig und gemeinschaftlich weiter.
Wichtig sind dem Kollektiv Bioase neben einem Top-Sortiment seine Visionen und wie diese gemeinsam umgesetzt werden können. Im Kollektiv übernehmen die verschiedenen Menschen Aufgaben selbstverantwortlich und entsprechend der eigenen Fähigkeiten und Interessen. Ob frisches Obst und Gemüse aus der Region oder Brot aus Berliner Bäckerei-Kollektiven, ob fair produzierte Schokolade oder Fleisch und Milchprodukte aus artgerechter Tierhaltung: Nachhaltigkeit wird großgeschrieben; angefangen bei der Müllverringerung bei den Verpackungen oder Anlieferungen mit Lastenrädern. Durch ein Vorbestellungssystem wird außerdem ein bedarfsorientierter Einkauf und Konsum gefördert. Zudem wird eine Mitgliedsoption angeboten, die sich bei regelmäßigen Einkäufen für die Kundschaft finanziell lohnt. Gleichzeitig dient dieser regelmäßige Beitrag dazu, das Kollektiv in seiner Planung zu unterstützen. Die Förderung von sozialen, kulturellen und politischen Begegnungen gehört ebenfalls zu den Werten des Kollektivs Bioase. So sollen der Laden und das Café ein nachbarschaftlicher Ort für die Vernetzung und Begegnung im Zentrum Karl-Marx-Straße sein.
Tania Salas, raumscript
Bodega Berlin Store
Boddinstraße 9
12053 Berlin
www.bioase.berlin
Im BODEGA Berlin Store werden die 1990er Jahre wieder lebendig (Foto: Bodega Berlin Store)
atrick Poulley und Dragan Filovski eröffneten diesen außergewöhnlichen Laden im November 2022 an der Boddinstraße 9, gleich beim Rathaus Neukölln. Als kreative Menschen, die seit langem zusammenarbeiten und die gemeinsame Newclassic Studios Kreativagentur führen, teilen sie eine Leidenschaft für alles aus den 90er Jahren und der urbanen Kultur – von hochwertiger Vintage-Kleidung und Sneakern über exotische Snacks und Drinks bis hin zu Sport-Sammlerstücken und Sammelkarten.
Liebhaberinnen und Liebhaber von Vintage-Mode finden in BODEGA Berlin eine vielfältige Auswahl an einzigartigen Stücken aus der Sportswear-Welt sowie klassischer Bekleidung bekannter Marken und viele weitere Dinge vergangener Zeiten. Doch das Angebot beschränkt sich nicht auf Mode: Limitierte Süßigkeiten und Getränke aus Amerika und Asien sowie eigene Produkte sind Teil des Sortiments.
Inspiriert vom Konzept der lateinamerikanischen Bodega-Kultur in New York geht BODEGA Berlin über den bloßen Verkauf von Produkten hinaus. Eine Außenterrasse lädt zum längeren Verweilen ein. Hier können Besucherinnen und Besucher außergewöhnliche Getränke und Snacks genießen oder sich mit Freundinnen und Freunden treffen. Auch die Gemeinschaft wird hier großgeschrieben: Im Laden finden regelmäßig Veranstaltungen wie Release-Partys von befreundeten Künstlerinnen und Künstlern, Sports-Collector-Events, Sketch-Circles, Ausstellungen und Fashion-Präsentationen statt.
BODEGA Berlin ist also mehr als nur ein Geschäft – es ist ein Ort, an dem Gleichgesinnte zusammenkommen, um ihre Liebe für Vintage und besondere Leckereien zu teilen. BODEGA Berlin ist ein Ort zum Entdecken und Genießen. Ganz unter dem Motto „YOUR LOCAL BODEGA – IT’S A VIBE!”.
Marius Peix, Citymanagement
Ansprechpartner
Bezirksamt Neukölln
Stadtentwicklungsamt
Fachbereich Stadtplanung
Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
Tel. 030 – 90 239 2153
stadtplanung(at)bezirksamt-neukoelln.de
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen IV C 32
Anke Heutling
Württembergische Straße 6-7, 10707 Berlin
Tel.: 030 – 90 173 4914
anke.heutling@senstadt.berlin.de
BSG Brandenburgische
Stadterneuerungsgesellschaft mbH
Sanierungsbeauftragte des Landes Berlin
Karl-Marx-Straße 117 , 12043 Berlin
Tel.: 030 – 685 987 71
kms(at)bsgmbh.com
Lenkungsgruppe
der [Aktion! Karl-Marx-Straße]
lenkungsgruppe(at)aktion-kms.de
Citymanagement
der [Aktion! Karl-Marx-Straße]
Richardstr. 5, 12043 Berlin
Tel.: 030 – 22 197 293
cm(at)aktion-kms.de