Der öffentliche Raum – ein Angebot
Der Broadway Nº 10 – 2018/2019 widmet sich dem Thema „Wandel“. Kaum ein Begriff beschreibt die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre treffender – solange existiert die [Aktion! Karl-Marx-Straße] im Zentrum Karl-Marx-Straße nun schon.
Das Magazin beleuchtet den Wandel aus vielen unterschiedlichen Perspektiven – von den Menschen, die hier leben und arbeiten, über den öffentlichen Raum, die Entwicklung des Handels und der Gastronomie bis zur neuen Begeisterung für die Stadtnatur. Diese vielen unterschiedlichen Facetten zeigen das bunte Bild des Neuköllner Zentrums, seiner Chancen und Herausforderungen.
Der öffentliche Raum – ein Angebot
Öffentlich heißt der Raum, weil hier jede und jeder ohne Ausnahme Zugang hat. Es ist unerheblich, ob die betreffende Person alt, jung, reich, obdachlos, beeinträchtigt oder sportlich ist. Jene Personen, die mit „Öffentlichkeit“ gemeint sind, haben individuelle Ansprüche an den öffentlichen Raum und hinterlassen Spuren durch ihr Nutzungsverhalten.
Aneignung des öffentlichen Raums: Das Straßengeländer als Kletterobjekt © raumscript
Die Planungen im Aktiven Zentrum der letzten zehn Jahre betrafen zu einem sehr großen Teil den Umbau des öffentlichen Raums im Zentrum Karl-Marx-Straße. Es geht vor allem darum, das Zentrum für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfähig aufzustellen. Dabei werden die Planungen vor allem von verkehrlichen Fragen dominiert. Nutzungen und Funktionen im Straßenraum gehen aber weit darüber hinaus. Die Qualität öffentlicher Räume wird auch in Zukunft davon abhängen, wer sie wie belebt, wer die hier gemachten Angebote in Anspruch nimmt, wer sich den Raum also aneignet und ihn mitgestaltet.
Menschen möchten sich an den Orten, die sie nutzen, sicher fühlen, sich wohlfühlen und sich dort gerne aufhalten – Ansprüche, welche die Planungen berücksichtigen sollten. Aber der beste Plan nützt nichts, wenn sich die Nutzer*innen diesem Plan nicht anschließen. Die Qualität der Orte bildet sich durch Handlungen. Das Verhalten der Menschen im öffentlichen Raum ist letztlich viel entscheidender für dessen Aussehen und Wirkung als seine Gestaltung durch die Stadtplaner*innen.
Wie kann man also die Zukunft eines öffentlichen Raums planen? Im Mittelpunkt muss immer eine Analyse des jeweiligen Ortes und seiner Nutzer*innen stehen: Wer wird den Raum für sich in Anspruch nehmen und wer wird welche Funktion für wen übernehmen? Ein bestimmtes Verhalten kann von der Planung erwünscht, aber nie vorausgesetzt werden. Es besteht nur die Möglichkeit, Angebote zu schaffen. Diese werden entweder individuell angenommen, anders interpretiert oder auch „missbraucht“ – im positiven wie im negativen Sinne. Wenn ein Kind einen Fahrradbügel zur Reckstange macht oder die Gehwegplatten für Hüpfspiele verwendet, handelt es sich wohl um einen sehr belebenden „Missbrauch“ der öffentlichen Straßenmöblierung. Ein anderes Beispiel sind Skater, die Bordsteinkanten als sportliche Herausforderung nutzen.
Es kann im öffentlichen Raum aber auch zu Nutzungen kommen, die zwar nicht erwünscht, aber auch nicht verhindert werden können. So besetzen obdachlose Menschen in ihrer Not oftmals vor Wind und Wetter geschützte Bereiche des öffentlichen Raums.
Die Gestaltung der Kindl-Treppe bezieht die künstlerischen Ideen der Bevölkerung mit ein
Der öffentliche Raum als wilde Abstellfläche für Fahrräder
Maßstab der Planungen für das Zen-trum Karl-Marx-Straße ist eine qualitätsvolle Umsetzung. Aber: Planungen können sich nur an den allgemeinen Regeln orientieren und nicht etwa an möglichen Fehlverhalten oder Fehldeutungen. Ein Beispiel hierzu: Die Ausführung des neuen Radstreifens der Karl-Marx-Straße wurde von vielen – anfangs sicherlich zu Recht – stark kritisiert, da der Streifen missbräuchlich zum Parken genutzt wurde und wird. Trotz dieses Missstands bleibt es richtig, einen solchen Radstreifen anzulegen. Das Fehlverhalten der Parkenden kann nicht Leitlinie der Planung sein.
Der öffentliche Raum ist aber auch ein Angebot an all jene privaten Nu-t-zer*innen, den Raum über attraktive Sondernutzungen wie z. B. Außen-gastronomie zu bespielen, darüber soziale Kontrolle herzustellen und ihn positiv zu beleben. Hier gilt es, einen Spagat zu bewältigen. Denn in einigen Kiezen geht die Belebung vor allem im Sommer mittlerweile so weit, dass die Anwohner*innen darunter leiden. Auch das Bedürfnis nach Ruhe muss daher bei der Planung des öffentlichen Raums bedacht werden.
Horst Evertz, BSG Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft mbH
Vorwort: Wandel
Der Broadway Nº 10 – 2018/2019 widmet sich dem Thema „Wandel“. Kaum ein Begriff beschreibt die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre treffender – solange existiert die [Aktion! Karl-Marx-Straße] im Zentrum Karl-Marx-Straße nun schon.
Das Magazin beleuchtet den Wandel aus vielen unterschiedlichen Perspektiven – von den Menschen, die hier leben und arbeiten, über den öffentlichen Raum, die Entwicklung des Handels und der Gastronomie bis zur neuen Begeisterung für die Stadtnatur. Diese vielen unterschiedlichen Facetten zeigen das bunte Bild des Neuköllner Zentrums, seiner Chancen und Herausforderungen.
Wandel
„Wandel“ heißt das Thema der zehnten Ausgabe des BROADWAY Neukölln. Kaum ein Begriff scheint treffender, um die vergangenen zehn Jahre rund um die Karl-Marx-Straße zu beschreiben. Mit der [Aktion! Karl-Marx-Straße] wurde 2008 auf Initiative des Bezirksamts Neukölln ein Netzwerk ins Leben gerufen, in dem öffentliche und private Akteur*innen gemeinsam die Entwicklung des Zentrums begleiten und gestalten.
Liebe Leserinnen und Leser,
hinter den vielen Aktivitäten, die seit 2008 angeregt und umgesetzt wurden, steht das Städtebauförderungsprogramm „Aktive Zentren“. Es wird von Bund und Land finanziert und soll vor allem die In-frastruktur in den Zentren verbessern. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort soll so ein positiver Wandel im Bezirkszentrum Karl-Marx-Straße gestaltet werden.
Blick auf die umgebaute Karl-Marx-Straße
Blicken wir zurück, wie sich die Karl-Marx-Straße in den letzten zehn Jahren verändert hat, sehen wir positive Entwicklungen, auf die wir stolz sein können. Wir sehen aber auch Schattenseiten. Einst als Problembezirk verschrien, gilt Neukölln inzwischen als cool und hip. So unberechtigt die pauschale Stigmatisierung war, so wenig sind mit dem Imagewandel alle Probleme verschwunden. Die Gespräche, die die BROADWAY-Redaktion mit Neuköllner*innen geführt und dokumentiert hat, zeugen von dieser Ambivalenz. Die Stadterneuerung muss versuchen, hier einen Ausgleich zu finden.
Um den Wandel zu beschreiben, haben wir in dieser Ausgabe auch gefragt, welche Akteur*innen den gemeinsamen Raum im Zentrum durch ihr Verhalten beeinflussen und verändern. Der Handel prägt wie kaum eine andere Nutzung das Zentrum. Gleichzeitig ist er von einem tiefgreifenden Wandel betroffen. Das Online-Geschäft zwingt den stationären Handel zu anderen Konzepten. Neue Einkaufszentren eröffnen immer noch in Berlin, aber längst nicht mehr alle Flächen können sofort vermietet werden. Spezialisierte Geschäfte hingegen besetzen Nischen für sich.
Die Entwicklung der Gastronomie ist ein Gradmesser für die wachsende internationale Beliebtheit des Bezirks. Neukölln hat sich längst vom Geheimtipp zum Trendsetter gewandelt. Neue Angebote bereichern fast wöchentlich das Zentrum. Zugleich wird nicht mehr jede Neueröffnung ein Erfolg. Zudem sind Lautstärke und steigende Gewerbemieten Entwicklungen, die mich mit Sorge erfüllen.
Auch in Bezug auf die Stadtnatur ist eine Bewusstseinsänderung zu bemerken. Baumscheiben werden bepflanzt, Urban Gardening liegt im Trend, Orte des Stadtgrüns werden im immer dichteren Geflecht der Stadt gesucht und selbst für den guten alten Kleingarten sind die Wartelisten lang wie nie.
Das Zentrum Karl-Marx-Straße ist ein Mikrokosmos dieser Entwicklungen. Um sie positiv zu gestalten, braucht es den Austausch der Menschen vor Ort. Die [Aktion! Karl-Marx-Straße] ist ein Angebot an alle, sich in die Gestaltung des Wandels einzubringen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Ich lade Sie herzlich dazu ein, den eingeschlagenen Weg auch in den kommenden Jahren kritisch und konstruktiv zu begleiten.
Viel Spaß beim Lesen!
Jochen Biedermann, Stadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste
Unfreiwillig verborgen – Einzelhandel im Baustellenbereich
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Unfreiwillig verborgen – Einzelhandel im Baustellenbereich
„Vertrauen ist eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.“ (Khalil Gibran) Nimmt man unser Vorhaben müsste es umgekehrt heißen: Die Oase ist ein Vertrauen im Herzen, die von der Karawane des Denkens nicht erreicht wird.
Inhaberin Elke Dornbach und Nadia Massi vor der bioase44 © bioase44
Als wir uns 2012 dazu entschlossen, mit der bioase44 einen Naturkosteinzelhandel auf der Karl-Marx-Straße zu eröffnen, war es ein Schritt ins Ungewisse. Ziel war es, als Pioniere ein biologisches Vollsortiment bestehend aus Feinkost, Gemüse und Obst, Teigwaren, Brot, Konditoreiprodukte aber auch Naturkosmetik und vieles mehr zu bieten. Die Idee, den Bioladen in Neukölln bioase zu nennen, könnte man aber auch anders als oben interpretieren: Eine Oase ermöglicht auf vielfältige Weise Leben.
Bei der Auswahl von Sortiment und Lieferanten waren uns vor allem die Aspekte Regionalität und Saisonalität wichtig. Schnell entwickelte sich die bioase44 zur Anlaufstation für Kulturliebhaber, Ernährungsbewusste und Allergiker, aber auch für Menschen mit geringem Budget. Einkommen sollte nicht das Kriterium sein, nachhaltige und gesunde Lebensmittel kaufen zu können. Ein Zwei-Preis-System ermöglicht es, bei regelmäßigem Einkauf über einen Mitgliedschaftsbeitrag Kosten zu sparen.
Die bioase44 an der Baustelle Karl-Marx-Straße © Andris Fischer
Die anfängliche Ungewissheit kam 2014 mit den Umbauarbeiten an der Karl-Marx-Straße zurück. Unser Laden, an der Schnittstelle von zwei Bauabschnitten gelegen, wurde doppelt durch die negativen Auswirkungen der Baustelle getroffen. Die Einbahnstraße sowie die engen Gehwege erschwerten die Erreichbarkeit. Jahrelanger Schmutz und Dreck vor der Tür und fehlende Möglichkeiten, Tische und Stühle auf den Gehweg zu stellen, schränkten die Attraktivität deutlich ein. Unsere Lieferanten mussten oft eigentümliche Wege zur Anlieferung nehmen. Nicht selten mussten die Waren über unbefestigte Baustellenbereiche transportiert werden. Die versehentliche Kappung einer Stromleitung führte zu einem Stromausfall und damit zum Abschalten unserer Kühltheken. Am Ende mussten wir Kunden- und Umsatzverluste hinnehmen.
Wir haben in den letzten Jahren viel geflucht, aus Verzweiflung gelacht, aber wir haben nie aufgegeben. Auch nicht, als wir erfuhren, dass die erste Biomarktkette sich in unserer unmittelbaren Nachbarschaft ansiedeln wird. Hinschmeißen kam für uns nicht in Frage. Wir überlegen immer wieder, wie wir uns neu aufstellen können. Mit Hilfe des Aktionärsfonds der [Aktion! Karl-Marx-Straße] gestalten wir unsere Werbeanlagen um, um gerade auch in den Abendstunden besser sicht- und wahrnehmbar zu sein.
Wichtig war und ist uns der persönliche Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden. Wir wünschen uns, dass uns die Neuköllner*innen treu bleiben oder neu entdecken. Wir wollen mit unserem Geschäft eine lokale Oase bieten, die kurzzeitig Erholung vom lauten Alltag bietet und Treffpunkt für unterschiedliche Kulturen und Identitäten ist.
Nadia Massi, bioase44 (Karl-Marx-Straße 162)
Zuhause an der Karl-Marx-Straße
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Zuhause an der Karl-Marx-Straße
Frau Käfert und Frau Rottmann leben bereits über 40 Jahre in der Karl-Marx-Straße und haben viele Veränderungen der Einkaufsstraße miterlebt. Im Interview erzählen sie von ihrem Leben in der Karl-Marx-Straße und davon, wie sie den Wandel der Karl-Marx-Straße mit ihrer Umgebung wahrnehmen.
Frau Käfert: „Die Karl-Marx-Straße ist meine Heimat!“
Frau Käfert ist gebürtige Kreuzbergerin und zog 1970 zusammen mit ihrem Mann in die Karl-Marx-Straße. Als gelernte Industrienäherin wechselte sie 1987 zur Post Ecke Anzengruberstraße und arbeitete dort bis zur Schließung des Standortes 2002. Die Karl-Marx-Straße ist ihr Zuhause. Im Interview erzählt Frau Käfert über ihr Leben an der Karl-Marx-Straße.
Zu welcher Tages- oder Nachtzeit mögen Sie die KMS am liebsten?
Ich gehe meistens morgens einkaufen, wenn noch nicht so viele Menschen unterwegs sind. Dann ist die Karl-Marx-Straße noch sehr ruhig und noch nicht vollständig erwacht. Meine Zeitung hole ich immer in der Passage. Die Betreiber des Kiosks kennen mich und nennen mich liebevoll „Mutti“. Mit Freunden aus der Nachbarschaft treffe ich mich regelmäßig im Café an der Ecke Alfred-Scholz-Platz zum Frühstücken oder einfach nur auf ein nettes Gespräch mit einer Tasse Kaffee.
Welche Geschäfte machen für Sie die Karl-Marx-Straße aus und gibt es ein Geschäft, das mittlerweile nicht mehr existiert und das Sie vermissen?
Heute sind es eher die vielen 1-Euro-Läden und die Handyläden, die die Karl-Marx-Straße dominieren. Das Angebot spricht eher die jüngeren Leute an. Den Charakter einer Flaniermeile hat die Straße nicht mehr. Früher bekam ich alles, was ich brauchte, auf der Karl-Marx-Straße. Mir fehlen Geschäfte wie z. B. Hertie, Wittstock, Koffer-Panneck oder Leiser.
An welches Fest auf der KMS erinnern Sie sich gerne zurück?
In den 1970-80ern gab es regelmäßig ein Straßenfest auf der Karl-Marx-Straße, eine Art Rummel mit Jahrmarktcharakter, lauter Musik, Losbuden und Fischbrötchen. Ich bin jedes Jahr mit meiner Familie und vielen Nachbarn dort gewesen.
Wie würden Sie das Verhältnis der Nachbarn zueinander beschreiben?
Während die Nachbarschaft auf der Straße sehr anonym ist, habe ich das Glück, in einem Haus mit einer sehr harmonischen Nachbarschaft zu wohnen. Ich kenne hier jeden und man hilft und unterstützt sich gegenseitig, wenn es erforderlich ist.
Was hat sich im Laufe der Zeit zum Guten und was zum Schlechten verändert?
Einerseits finde ich es richtig, dass die Karl-Marx-Straße so umfassend saniert wird. Seit Jahrzehnten ist nicht viel gemacht worden. Die Straßen wurden höchstens notdürftig geflickt. Das Ergebnis, der neue breite Bürgersteig, gefällt mir sehr gut. Andererseits ist die Karl-Marx-Straße voller, lauter und anonymer geworden. Trotzdem ist es meine Heimat. Ich liebe meine Karl-Marx-Straße und wohne gerne hier.
Frau Rottmann: „Der Saalbau gehört zu meinen Lieblingsorten“
Frau Rottmann lebt bereits ihr gesamtes Leben in der Karl-Marx-Straße im Drei-Löwen-Haus, das ihr Urgroßvater, ein Stadtrat von Neukölln und Baumeister, 1890 errichten ließ. Wenn sie nicht in ihrer Wohnung anzutreffen ist, dann ist sie vermutlich in ihrem liebevoll angelegten Garten, den sie und ihre Familie seit Jahrzehnten pflegen und bewirtschaften. Der Garten gleicht einer kleinen Oase mit Obstbäumen, einer uralten Eiche und lauschigen Plätzen zum Verweilen und Genießen. Auch Eichhörnchen und Fuchs haben dort ein Zuhause gefunden. Vor ihrer Haustür liegt die Einkaufsstraße, in der das Leben tobt. Über die Jahrzehnte hat sich aber in der Karl-Marx-Straße und auch in der Nachbarschaft viel verändert, erzählt uns Frau Rottmann im Interview.
Was sind neben Ihrem Garten Ihre Lieblingsorte in der Nachbarschaft?
Ich gehe sehr gerne gegenüber in die Passage ins Kino. Auch der Saalbau gehört zu meinen Lieblingsorten. Über dem Saalbau gab es in meiner Kindheit eine Tanzschule für Gesellschaftstanz, zu der mich meine Mutter geschickt hat. Heute gehe ich gerne in die Galerie am Saalbau.
Vermissen Sie ein Geschäft bzw. ein Café, das heute nicht mehr existiert?
In den 1980ern war die Karl-Marx-Straße die drittgrößte Einkaufsstraße in Berlin. Es gab ein vielfältiges Sortiment. Früher bin ich gerne die Karl-Marx-Straße entlang flaniert, bin zu Hertie einkaufen gegangen. Auf dem Rückweg habe ich mir dann ab und zu eine Köstlichkeit bei Butter Lindner mitgenommen. Nach der Wende haben leider viele Geschäfte geschlossen bzw. sind an andere Standorte gewechselt, so auch das Traditionsgeschäft Koffer-Panneck, das nach über 100 Jahren schließen musste. Die Vielfalt vermisse ich heute sehr. Es gibt eine Überzahl an Handy- und Imbissläden, die ich als Anwohnerin gar nicht brauche.
Das Kaufhaus in den 1960er Jahren © Museum Neukölln
An welches Event auf der KMS erinnern Sie sich gerne zurück?
Als das Festival „48 Stunden Neukölln“ vor ungefähr 20 Jahren neu initiiert wurde, war es noch „klein und fein“. Mittlerweile ist es mir zu groß geworden. Ähnlich sehe ich es mit dem Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt. Ich habe das Gefühl, dass er jedes Jahr voller wird. Daher gehe ich eben schon am späten Nachmittag dorthin. Dann habe ich wenigstens die Möglichkeit, die schönen handwerklichen Arbeiten zu sehen. Diese werden leider auch zunehmend von Essensständen verdrängt, obwohl es die Handwerkskunst ist, die den Weihnachtsmarkt ausmacht.
Würden Sie von einem besonders positiven Erlebnis berichten, das Sie auf der KMS hatten?
Da würden mir spontan zwei Ereignisse einfallen. Ich hatte vor einigen Jahren mitten auf der Karl-Marx-Straße meine EC-Karte verloren und diese wurde mir umgehend von einem Passanten direkt nach Hause gebracht. Ein anderes positives Erlebnis hatte ich ebenfalls in meiner Nachbarschaft. Beim Abholen meiner Kleidung aus der Reinigung hatte ich mein Bargeld vergessen. Der Besitzer der Reinigung hatte ohne zu zögern gesagt, dass ich die Rechnung von ungefähr 20 Euro einfach beim nächsten Mal begleichen könne. Das macht für mich eine gute Nachbarschaft aus.
Wie würden Sie die Nachbarschaft in Ihrem Kiez bzw. in Ihrem Haus beschreiben und hat sie sich verändert?
Neukölln war schon immer ein Arbeiterbezirk. Auch in unserem Haus lebten Arbeiter und Angestellte mit ihren Familien. Es gab ein gemeinschaftliches und freundschaftliches Miteinander, das sich über die Jahre aufgebaut hatte. Leider ist es heute nicht mehr so einfach, eine solche Nachbarschaft aufzubauen. Es braucht dazu Zeit, die sich heutzutage nur noch wenige Vermieter nehmen bzw. haben. Das finde ich sehr schade.
In der Nachbarschaft habe ich noch alte Freundschaften. Wir treffen uns zum Kaffeetrinken im Garten oder in einem Café. Das Café neben der Bethlehemskirche in Rixdorf hat sehr guten Kuchen. Ein Besuch lohnt sich.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Entwicklung der KMS wünschen?
Ich habe mir immer gewünscht, dass die Alte Post nach so vielen Jahren Leerstand endlich wieder belebt wird. Das Bauwerk gehört zu den historisch bedeutendsten und schönsten im Zentrum der Karl-Marx-Straße. Eine neue Nutzung bedeutet eine enorme Aufwertung für die Straße.
Interview: Martina Zielke
Idylle hinter den Fassaden
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Idylle hinter den Fassaden
Mag der Verkehr toben, die Baustelle Nerven kosten und mögen die Menschen auf der Karl-Marx-Straße geschäftig von einer zur nächsten Erledigung eilen: Es gibt in diesem Zentrum viele verborgene Oasen. Auf diesen Seiten stehen zwei Höfe beispielhaft für die Möglichkeiten, der dichten Bebauung zu trotzen, für die Nachbarschaft Begegnungsräume zu schaffen und diese mit Leben zu füllen. Betreten wir diese Hinterhöfe, kehrt schlagartig Ruhe ein.
Die Höfe der Karl-Marx-Straße 137 und 139 sind Kleinode für die Menschen, die hier wohnen und arbeiten. Gleichzeitig sind sie ein lebendiges Zeugnis Rixdorfer Baugeschichte. Das Bauensemble im Besitz der STADT UND LAND wird aus drei Höfen gebildet. Die auf dem Grundstück 137 befindliche Scheune von 1840 gibt Aufschluss über das allmähliche Verschwinden der dörflichen Strukturen im gründerzeitlichen Häusermeer Ende des 19. Jahrhunderts, das das Bezirkszentrum Karl-Marx-Straße bis heute prägt. Ein Teil der sanierten und denkmalgeschützten Gebäude werden heute von Künstler*innen genutzt und belebt.
Der Hof Karl-Marx-Straße 181 steht exemplarisch für die lebendigen Nachbarschaften, die das Wohnen im Zentrum Karl-Marx-Straße für viele so reizvoll macht. Hier ist Raum für Begegnung, die über ein Grüßen im Hausflur hinausreicht. Mittlerweile ist der Hof eine Spielstätte des seit 2013 stattfindenden Festivals „Chöre in Neuköllner Höfen“, bei dem jeweils an einem Samstag im September bis zu 18 Chöre ihr Können auf drei Höfen der Karl-Marx-Straße präsentieren. Der Erfolg des Chorfestes wird auch von der engagierten Hausgemeinschaft im Haus 181 getragen, die mit Kaffee und selbst gebackenem Kuchen freundliche Gastgeberin für die Chöre und ihr Publikum aus der ganzen Stadt ist. „Chöre in Neuköllner Höfen“ wurde bereits zwei Mal durch den Aktionärsfonds der [Aktion! Karl-Marx-Straße] gefördert.
Stefanie Otto, Susanne Tessa Müller (Fotos)
Begrünung von Innenhöfen
Die Begrünung von Innenhöfen ist übrigens ein Sanierungsziel im Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee. Anregungen dazu finden Eigentümer*innen in der Broschüre „Grüne Oasen in Neukölln“.
Die Oper im vierten Stock
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Die Oper im vierten Stock
40 Jahre ist die Neuköllner Oper alt | 220 Sitzplätze hat der Zuschauerraum
Ein besonderer Ort an der Karl-Marx-Straße ist die Neuköllner Oper. Das vierte Berliner Opernhaus, das vor allem auf neue Produktionen und aufstrebende Talente setzt, wird in diesem Herbst 40 Jahre alt! Nach den Anfangsjahren in verschiedenen Spielstätten zog sie 1988 in den Ballsaal der Passage ein. Die Neuköllner Oper prägt seitdem von hier aus das Kulturleben des Bezirks und zieht viele Gäste aus der ganzen Stadt in die rund 250 Aufführungen pro Jahr. Wo, wenn nicht hier, will man in Neukölln ganz klassisch einmal „hinter die Kulissen“ schauen.
16 Mitarbeiter*innen sind bei der Oper festangestellt | 250 Aufführungen finden jährlich statt
Über 75 Stufen muss man steigen, um den ehemaligen Festsaal der Passage zu erreichen. Heute beherbergt er Studiobühne, Zuschauerraum und Bühne. Nicht nur hier, sondern auch im Hintergrund arbeiten in Schreinerei, Kostümabteilung, Verwaltung, Maske, Requisite und den Proberäumen 16 fest angestellte Mitarbeiter*innen. Dazu kommen im Jahr rund 150 Darsteller*innen und Musiker*innen – alle im Einsatz, damit die bisher 220 Ur- und Erstaufführungen dem neugierigsten Musiktheaterpublikum Berlins gezeigt werden konnten. Die nächsten Uraufführungen sind bereits in der Planung.
Dr. Martin Steffens, Erik Muhs (Fotos)
Shoppingcenter Backstage
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Shoppingcenter Backstage
Schnell mal in die Arcaden – ein Einkauf bei Kaufland, Schreibwarenartikel bei McPaper oder abends ins Kino. Das ist unser Alltag und wir sind daran gewöhnt, dass die Neukölln Arcaden uns ein abwechslungsreiches Angebot unterbreiten. Was wir nicht sehen und selten bedenken, sind die Menschen und die Technik hinter den Kulissen. Sie machen das schöne Shoppingerlebnis erst möglich.
30.000 Kund*innen kommen an gut besuchten Tagen in die Neukölln Arcaden
4 Techniker betreuen das Einkaufscenter
Sauberkeit und Sicherheit sind wesentliche Aspekte, die das Einkaufen in den Neukölln Arcaden für die circa 9 Millionen Kund*innen im Jahr zu einem schönen Erlebnis werden lassen. Das meiste, was dafür nötig ist, geschieht von ihren Augen unbemerkt. Die Belieferung der 50 Geschäfte, werktags zwischen 6 und 21 Uhr, läuft reibungslos im Hintergrund. Die Zu- und Abluftanlage sorgt für ein angenehmes Raumklima. Sollte trotz aller Vorkehrungen einmal ein Brandfall oder ein anderer Notfall eintreten, ist vorgesorgt. Die Sprinkleranlage überbrückt mit einem Fassungsvermögen von 335.000 Litern Wasser plus einem zusätzlichen Becken die Zeit, bis die Feuerwehr eintrifft. Der technische Manager sowie drei Haustechniker sorgen mit ihrer Arbeit im Schichtdienst dafür, dass diese Technik jederzeit funktioniert
Alexander Ullrich, Susanne Tessa Müller (Fotos)
Reise in den Untergrund
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Reise in den Untergrund
Bauten unter der Stadt scheinen wie ein kleines Atlantis zu sein. Verborgene Keller, Gänge oder die Kanalisation üben eine düstere Faszination auf uns aus, stecken sie doch voll mutmaßlicher Geheimnisse und Geschichten. Es gibt also gute Gründe, um auch im Zentrum Karl-Marx-Straße eine Reise in den Untergrund zu unternehmen und einen Blick in die unterirdische Welt der ehemaligen Kindl-Brauerei zu werfen.
„Establishment“ Installation zu 48 Stunden Neukölln von Marc Klee © Ines Borchart
Wer tiefere Einblicke in das unterirdische Bauwerk der ehemaligen Brauerei erhalten möchte, kommt um eine kleine Einführung in die Welt der Bierproduktion im frühen 19. Jahrhundert nicht herum. Es begann um 1820, als das untergärige bayerische Bier auch im Berliner Raum den Markt eroberte. Dieses Bier wirkte erfrischend, während das traditionelle obergärige Berliner Bier eher träge machte. Aufgrund des großen Erfolgs trieben die Brauereien auch im Berliner Raum die großflächige Produktion des Bieres bayerischer Brauart voran. Dazu benötigt wurden in großem Umfang kühle Produktions- und Lagerflächen, denn vor allem die Lager-Temperatur entschied darüber, ob unter- oder obergäriges Bier entstehen konnte. So wurden ab circa 1840 neue Brauereien auf den Hügeln rund um die Stadt gebaut. Hier waren Flächen vorhanden und der Bau der Gewölbekeller war wegen des nassen und sandigen Berliner Bodens einfacher auszuführen als im historischen Zentrum der Stadt. 1872 wurde in Rixdorf auf dem Rollberg die „Vereinsbrauerei Berliner Gastwirte zu Berlin AG“gegründet. Sie expandierte in den folgenden Jahrzehnten vom Standort Neukölln aus und wurde 1907 nach seinem erfolgreichsten Bier, dem Berliner Kindl, in Kindl-Brauerei umbenannt.
„Stahlwald“ in den Kellergewölben Party-Location „SchwuZ“
Heute finden wir im Untergrund immer noch die Relikte dieser Glanzepoche der Neuköllner Bierproduktion. Einige Teilbereiche der unterirdischen Anlage werden wieder genutzt – so etwa vom SchwuZ, das hier seit 2013 für ein buntes Publikum seine Partys feiert. Die Vollguthalle kann für Veranstaltungen gemietet werden. Auch eine kleine Brauerei gibt es hier wieder. Der größere Teil der Gewölbe aber liegt aufgrund der bautechnischen Besonderheiten und Sicherheitsvorschriften im Dornröschenschlaf und ist damit für die Öffentlichkeit unzugänglich.
Stephanie Otto
Mach ma‘ fertig! Eine Glosse
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Mach ma‘ fertig! – Eine Glosse
Bunt, gemischt und weltoffen geht’s immer auf der KMS zu. Trotz Baustelle auf einem Abschnitt. Bleibt „Aktives Zentrum“ – nun erneuert. In zwei Abschnitten breitere Bürgersteige, Parknischen zum Entladen. Neue Bänke und Laternen. Und in einem dritten Abschnitt geht’s nun weiter – oder eben „von vorne los“.
„Langsam reicht es – muss doch mal fertig werden. Verdammt noch mal.“ „Infos haben wir ja genug, dauert eben. Aber SOOO lange?“ „Immer wenn ich an der Baustelle vorbeikomme sehe ich nur selten Fortschritte.“ „Und ich sehe, dass nichts geschieht… und das sehr langsam!“
Und dann war plötzlich alles wieder zu, nur der Asphalt und die Gehsteige fehlten noch. Na endlich!!!
Plakat von DIE PARTEI © Horst Evertz
„Warum heißt es eigentlich Baustelle? Die KMS wird doch gar nicht neu gebaut. Sie ist doch immer noch da, oder? Nichts wird abgerissen und neu gebaut. Und wenn´s dann mal fertig ist, bleibt es doch auch immer noch unsere KMS – oder?“
Es war auch wie ein Event – diese Etappe um den U-Bahnhof Karl-Marx-Straße. Meinten jedenfalls etliche Besucher*innen bei „48 Stunden Neukölln“. Offenbar Street-Art. Zu besichtigen: U-Bahnschacht, Rohre und Kabel. Abwasser, Frischwasser, Gullirohre, Ampelkabel, Strom für Häuser und Geschäfte, Telefonkabel und was weiß ich noch anderes dazu. Untergrund – und wenig bis kein Platz für die Wurzeln von Bäumen. Bäume wollten wir ja auch – ging deshalb aber nicht – zu eng eben.
Und dann schon an einigen Stellen weißer Sand. Natürlich aus der Region. Allerdings auch hier: mit Immigrationshintergrund. Aus der letzten Eiszeit hierher gegletschert und dann einfach liegen geblieben. Street-Art: hier kannste det kurz sehen, was die Frankfurter damals vom „Pflasterstrand“ meinten: Unter dem Pflaster liegt der Strand!
„Ja, und guck mal da: richtiger Kabelsalat, nachhaltig, aber leider nicht vegan.“ „Und was da so alles verbuddelt war und wird: eben noch mehr Kabel für Ampeln, Laternen, Strom für Geschäfte und Wohnhäuser und Telefon und Internet.“
Und neue Röhren zuhauf. „Die bauen da wohl ´ne neue Bier-Pipeline von der neuen Brauerei auf dem „Kindl-Gelände“. Umweltschonend, denn das erspart LKW-Lieferungen.“
Der Einkauf und die Arztbesuche gingen weiter – auch wenn´s eng war. Alles bei weiterlaufendem Betrieb. Immer gab es Hinweisschilder: „Weiterhin offen“.
Drängelei öfter, zumal die Kinder immer neu stehenblieben und: „Kuck doch mal da …“ „Jetzt haben die den Tunnel schwarz angestrichen. Warum?“„Na, dass der dicht ist gegen das Wasser.“ „Welches denn, ist doch alles trocken.“ „Warum haben die sich da nun ein großes Zelt aufgestellt? Schlafen die da auch drin?“ „Nee, aber dann können sie bei Regen weiterarbeiten.“ „Aber warum? Könnten dort doch toll schlafen und auf dem weißen Sand in der Sonne liegen. Jedenfalls wenn Pause ist.“
Viele Kinder haben sicher mehr Veränderungen gesehen als wir: für sie ist HEUTE eben immer neu. Für uns erwachsene Anwohner*innen dann doch nicht bei einer solchen Baustelle. Etappenweise scheint sich für uns fast nichts zu tun. Wir wollen, das es endlich fertig wird.
… UND: 2020 ist es soweit !!!
Dieter M., Anwohner
Ein Blick: Baustelle
„Verborgen“ heißt das Thema des Broadway Nº 9 – 2017/2018. Die BROADWAY-Redaktion hat verborgene Orte und Menschen an der Karl-Marx-Straße ins Licht gerückt. Dazu gehören ein anderer Blick auf die Baustelle Karl-Marx-Straße, das unterirdische Kindl-Gelände, verborgene Höfe der Karl-Marx-Straße oder ein Blick hinter die Kulissen der Neuköllner Oper und der Neukölln Arcaden.
Ein Blick: Baustelle
51 Jahre alt ist ein Bauarbeiter durchschnittlich
Verarbeitung Asphalt
Asphalt wird in einem Mischwerk produziert und muss mit einer bestimmten Temperatur angeliefert werden, um den neuen Straßenbelag in guter Qualität herstellen zu können. Für die Baustelle Karl-Marx-Straße lieferte zunächst ein Werk im Norden Berlins den Asphalt. Die Sommerbaustelle 2017 auf der A 100 mit hoher Staugefahr machte den Wechsel auf ein Mischwerk südlich von Berlin notwendig. Der U-Bahntunnel unter der Baustelle kann zudem die großen Standard-Laster zur Asphaltverarbeitung nicht tragen. Kleine Lkw sind schwer verfügbar und ihr Inhalt reicht nur für circa zehn Meter Fahrbahn. Entsprechend braucht das Asphaltieren länger.
10 km legt ein Bauarbeiter täglich zurück 30 Leitungen verlaufen unter dem Gehweg
Innenstadt-Baustelle
Wegen des dicht bebauten Umfelds der Karl-Marx-Straße stehen der Baufirma nur wenige Abstellmöglichkeiten für Baumaterialien bzw. Flächen für die Entsorgung zur Verfügung. Es wurde ein Grundstück am Mittelweg angemietet, um die erforderlichen Materialien anzuliefern und das zu entsorgende Material entfernen zu können.
Unterirdisches Leitungssystem
Was die Lage der verschiedenen Leitungen im Erdreich betrifft, sind immer Überraschungen möglich. Zwar werden vor der Einrichtung einer Baustelle alle 70 Meter Probe-Schachtungen vorgenommen, für die Abschnitte dazwischen kann aber keine definitive Aussage getroffen werden. So wurde bei den Arbeiten zwischen Uthmann- und Briesestraße eine mehrere hundert Meter lange, stillgelegte Trinkwasserleitung aus der Vorkriegszeit gefunden. Sie musste entfernt werden, weil sie zu nah an der neuen Abdichtung für den U-Bahntunnel lag.
Witterung
Im Winter arbeiten die Bauarbeiter zu ihrem Schutz und auf Grund schwieriger Bodenverhältnisse kürzer. Sie bauen dann ihre Überstunden aus dem Sommer ab, wo sie länger und effektiver arbeiten können.
Fabrice Rouart, Stephanie Otto, Susanne Tessa Müller (Fotos)
Ansprechpartner
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Fachbereich Stadtplanung
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stadtplanung(at)bezirksamt-neukoelln.de
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen IV C 32
Anke Heutling
Württembergische Straße 6-7, 10707 Berlin
Tel.: 030 – 90 173 4914
anke.heutling@senstadt.berlin.de
BSG Brandenburgische
Stadterneuerungsgesellschaft mbH
Sanierungsbeauftragte des Landes Berlin
Karl-Marx-Straße 117 , 12043 Berlin
Tel.: 030 – 685 987 71
kms(at)bsgmbh.com
Lenkungsgruppe
der [Aktion! Karl-Marx-Straße]
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Citymanagement
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Richardstr. 5, 12043 Berlin
Tel.: 030 – 22 197 293
cm(at)aktion-kms.de