Im Zentrum ballt sich zunehmend der Verkehr. Der Platz dafür bleibt aber begrenzt. Wieviel Verkehr ist gut für das Zentrum?
Die Mobilitätswende ist meiner Meinung nach unaufhaltsam. Autofahrende werden längerfristig das Zentrum nicht mehr so stark wie früher als Transitraum nutzen. Ich bin optimistisch, dass sich auch durch die neue Aufteilung des Straßenraums der Karl-Marx-Straße positive Effekte ergeben. Durch die Pandemie hat der Radverkehr deutlich zugenommen. Eine aktuelle Umfrage am Kottbusser Damm und an der Hermannstraße zeigt, dass 91 % der Umsätze in den lokalen Geschäften durch jene kamen, die zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV unterwegs waren (IASS Potsdam, 2020). Die Umsetzung von Konzepten für die Verknüpfung der Verkehrsströme im Umweltverbund (Rad, Fuß, ÖPNV) wird den Zentren guttun und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Welche Akteure müssen für eine positive Veränderung des Zentrums zusammenwirken?
Stadt- und Bezirksverwaltung kommt die Aufgabe zu, die grundsätzlichen Entwicklungsprozesse in den Zentren zu steuern und zu moderieren. Dabei ist die enge Zusammenarbeit mit den privaten Anbietern – sei es Handel, Gewerbe, Dienstleistung oder Kultur – sehr wichtig. Eine wesentliche Rolle nehmen auch Akteursgruppen wie die Lenkungsgruppe der [Aktion! Karl-Marx-Straße] ein. Diese beraten und bewerten die Entwicklungen aus zivilgesellschaftlicher Sicht und spiegeln dies der Verwaltung wider. Grundsätzlich sollte von allen Seiten Initiative für das Zentrum ergriffen werden. Dabei braucht es auch Experimentierräume für das Ausprobieren neuer Geschäfts- und Finanzierungsmodelle, denn Private gehen mit neuen Ideen oft ein hohes ökonomisches Risiko ein. Auch die Eigentümerinnen und Eigentümer der Flächen sind extrem wichtige Akteure. Sie sollten bei der Vermietung prüfen, was die Menschen in den Zentren wollen und brauchen und sich nicht nur von der höchsten erzielbaren Miete leiten lassen. Auf der Nachfrageseite sind auch die Anwohnenden wichtige Player, die die Entwicklung des Zentrums beeinflussen. Auch sie brauchen Möglichkeitsräume zur Mitgestaltung. Für die Steuerung der Entwicklung muss also viel kommuniziert und zusammengebracht werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Stephanie Otto, raumscript