Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #9 – 2022, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.

Stand November 2022

Wo Mädchen Raum finden

Szenenwechsel nach Sanierung wieder am alten Standort eröffnet

Der Szenenwechsel ist derzeit die größte und einzige Berliner Jugendeinrichtung nur für Mädchen in bezirklicher Trägerschaft. Sie wird im Oktober 30 Jahre alt. Seit August kann der Szenenwechsel nach einer längeren Umbauphase nun die erweiterten und sanierten Räumlichkeiten am alten Standort in der Donau­straße 88 wieder nutzen. Wir sprachen mit der stellvertretenden Leiterin Ruth Frey über ihre Arbeit und die Angebote für Mädchen und junge Frauen.

Szenenwechsel

Das erweiterte Mädchenzentrum „Szenenwechsel“ in der Donaustraße 88

Worin unterscheidet sich der Szenenwechsel von gemischten Jugendeinrichtungen?
Wir bieten hier Mädchen einen geschützten Raum, in dem sie sich – unabhängig von männlich besetzten Themen und Orten – ausprobieren und behaupten können. Wir bieten den Mädchen und jungen Frauen Rückzugsräume und möchten sie bestärken, hier Selbstbewusstsein in Bezug auf ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten zu tanken, die sie dann auch an anderen Orten einsetzen können.

Welche Mädchen kommen zu Ihnen in den Szenenwechsel?
Viele Mädchen kommen aus Herkunftsfamilien, in denen Mädchen oft nicht erlaubt wird, selbständig rauszugehen oder auch Jugendeinrichtungen zu besuchen. Häufig wohnen sie in sehr beengten Verhältnissen, müssen ihre Geschwister zuhause betreuen und haben keine Möglichkeit, sich zum Beispiel in Ruhe um ihre Hausaufgaben zu kümmern. Im Szenenwechsel können sie ohne Druck und mit den nötigen technischen Hilfsmitteln ihre Aufgaben bearbeiten, gemeinsam Spaß haben, sich ausprobieren, aber auch Sorgen besprechen.

Der Kreativraum mit Platz zum Nähen

Der Kreativraum mit Platz zum Nähen

Das Haus wurde seit 2017 umgebaut. Was hat sich für Sie verändert?
Wir mussten während des Umbaus eine Durststrecke überstehen, aber alle Beteiligten haben ihr Bestes zum Gelingen beigetragen. Unsere Ausweichräume lagen zunächst auf dem Grundstück der Alten Post, dann in einem Kellerraum des Sozialamts und dann in der Richardstraße 21, wo wir jeweils nur sehr wenig Platz zur Verfügung hatten. Hinzu kamen die Corona-Beschränkungen. Jetzt ist es ein Stück weit ein Neuanfang. 20 bis 40 Mädchen kommen täglich, wir wollen aber gerne wieder 60 bis 80 pro Tag empfangen. Die vielen Angebote verbreiten sich vor allem über Mund-zu-Mund, auch mit Schulen und anderen Jugendeinrichtungen kooperieren wir gut.

Mit welchen Mitteln wurde der Umbau gefördert?
Durch die Förderung im Programm Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA) konnten wir unsere Nutzfläche auf 500 Quadratmeter erweitern. Die geplante Umgestaltung des Gartenbereichs soll durch bezirkliche Mittel der Stadterneuerung finanziert werden. Mit Unterstützung eines feministischen Bauträgers soll die Gestaltung und Pflege des Gartens zum Teil des pädagogischen Konzepts werden: das Engagement und die Erfahrung der Mädchen sollen damit an die nächsten Nutzerinnen weitergegeben werden. Idee ist es, neben unterschiedlichen Sitzmöglichkeiten auch Hochbeete und eine kleine Reparaturwerkstatt anzulegen.

Proberaum

Im schallisolierten Musikraum kann richtig Krach gemacht werden

Für welche Angebote haben Sie nun Räume zur Verfügung?
Grundsätzlich freuen wir uns über die freundliche neue Gestaltung sehr. Dies vermittelt eine bestimmte Haltung und hat mehr Bedeutung für das Miteinander als irgendwelche aufgeschriebenen Regeln.

Vom großen, offenen Aufenthaltsraum mit dem Café-Bereich geht alles aus. Er ist der Treffpunkt aller und ein für die Bindungs­arbeit mit den Mädchen sehr sensibler Bereich. Deshalb ist hier auch immer eine Ansprechpartnerin von uns zu finden. Den ­Chiller-Raum haben die Mädchen eigenständig gestaltet und auch Mittel dafür beantragt. Es gibt zudem einen Multimedia-Raum, einen Kreativraum, in dem auch gerne gemeinsam genäht wird, einen großen, für viele Nutzungen flexibel einsetzbaren Gruppenraum, einen kleineren Bewegungsraum und einen schallisolierten Musikraum, in dem richtig Krach gemacht werden kann. Im Haus ist zudem das bezirkliche Medienkompetenzzentrum untergebracht – ein gemischter Bereich mit einem eigenen Eingang.

Vielen Dank für das Gespräch
Interview: Stephanie Otto

Ruth Frey

Die stellvertretende Leiterin Ruth Frey

Weitere Informationen zum Interkulturellen Zentrum für Mädchen und junge Frauen “Szenenwechsel“ finden Sie auf der Website der Jugendeinrichtung:
www.szenenwechsel-berlin.de